Mehr Geschmack als Schlüssel zu mehr Akzeptanz bei vegetarischer Ernährung
Mit Blindverkostungstests von Steaks auf pflanzlicher (oder manchmal pilzbasierter Basis bearbeitet eine Gruppe von anerkannten ErnährungswissenschaftlerInnen ein breites Versuchsfeld. Das Ziel: mit besser schmeckenden Fleischalternativen einen Schlüssel zur Bekämpfung der Klimakrise zu finden.
Caroline Cotto ist Direktorin bei Food Systems Innovation. Mit ihrer Forschungsgruppe NECTAR organsiert und betreibt sie Geschmackstests. Cotto dazu:
Das Forschungsteam von NECTAR betrachtet Lebensmittel als einen wichtigen Treiber der Dekarbonisierung und damit als ein bedeutender Teil der Lösungen zu den Klimaveränderungen. Immerhin beträgt der Anteil des Bereichs Ernährung in der westlichen Welt etwa 16 Prozent des persönlichen CO2-Fußabdrucks.
Nach Meinung von Cotto und ihrem Team hätten viele pflanzliche Fleischsorten in der Vergangenheit die Erwartungen der Verbraucher nicht erfüllt.
NECTAR ist unabhängig, also nicht mit einem bestimmten Unternehmen für pflanzlichen Fleischersatz verbunden. Die Forschungsgruppe ist Teil der philanthropisch ausgerichteten Initiative Food System Innovations (FSI). Deren Ansätze sollen dazu beitragen, den weltweiten Übergang von tierischen Produkten auf Fleischalternativen wie vegetarische Burger oder Steaks auf Pilzbasis voranzubringen.
Anderer Testansatz
NECTAR hat sich vorgenommen, für einen raschen Durchbruch pflanzlich basierter Ernährung sorgen und dabei die auf diesem Gebiet arbeitenden Marktakteure eng begleiten. Die Versuche von NECTAR zeichnen sich dadurch aus, dass sie die tatsächlichen Esserfahrungen der Menschen weitaus genauer nachstellen und dokumentieren als die gängigen Industriestandards.
NECTAR nutzt für seine Tests bestehende Restaurants. Dort werden die Produkte von Food-Service-Mitarbeitern auf Standardherden oder - grills zubereitet.
Viele Unternehmen testen heute ihre Produkte, indem sie diese einzeln servieren. Als Beispiel dient eine einzelne vegetarische Frikadelle, die auf einem Zahnstocher angeboten wird. Im Gegensatz dazu nutzt NECTAR ein Format, das dem entspricht, wie wir Verbraucher es kennen. Das Beispiel dazu wäre die besagte vegetarische Frikadelle, die mit einer Tomatensauce in Kombination mit Spaghetti serviert wird.
Breiter Querschnitt an Testpersonen
NECTAR verwendet einen demografisch vielfältigen Querschnitt von Menschen aus dem Alltag anstelle von ausgewählten Geschmackstestern. Nur auf diese Weise bekäme man ein Gefühl dafür, wie die breite Öffentlichkeit auf ein Produkt reagieren würde. Alle testenden Personen werden so ausgewählt, dass die Person, die ein pflanzliches Steak testet, selbst auch ein Rindersteak isst. Nur damit bekäme man eine echte Vergleichsbasis.
so Cotto.
Maßnahmen gegen den Klimawandel als Ziel
lautet die Zielsetzung des NECTAR-Teams.
Die Tierhaltung belastet das Klima durch Landverbrauch und direkte Treibhausgasemissionen. Das Project Drawdown ist eine Stiftung, die sich mit vielfältigen Lösungen der Probleme zum Klimawandel beschäftigt. Ihrer Meinung nach ist der Faktor, der über Erfolg oder Misserfolg des Klimawandels entscheidet, die Ernährung. Erneuerbare Energien werden sich nach Meinung der Stiftung aufgrund des Preises und der Klimabilanz weltweit durchsetzen. Ob dies bei einem klimafreundlichen Ernährungssystem, der Fall sein wird, gilt zumindest bis heute als unsicher.
Speziell in der Lebensmittelindustrie gäbe es ein globales Geflecht aus Geld und Politik. Jonathan Foley, Geschäftsführer von Project Drawdown, dazu
Geschmack als „gamechanger“
Der Geschmack wird der entscheidende Treiber für Veränderungen sein. Das Plant Based Foods Institute veröffentlichte 2024 eine Studie. Diese ergab, dass Menschen, die in der Vergangenheit mehr pflanzliche Produkte gekauft haben als heute, den Geschmack als das wichtigste Attribut für ihren Kauf von pflanzlichen Produkten nannten.
Wichtig sei, dass sich die Entscheidung für eine pflanzliche Option gegenüber einem tierischen Produkt nicht wie ein Opfer anfühlt. Nur dann sei es nach Meinung von NECTAR wahrscheinlicher, dass sich die Menschen dafür entscheiden.
Die Testreihen sollen bei der Erreichung dieses Ziels radikal hilfreich sein. Die interessierten Unternehmen würden detailliertes Feedback darüber erhalten, wie die Menschen den Geschmack, die Textur, das Aussehen und andere Aspekte der getesteten pflanzlichen Alternativen wahrnehmen.
Als Beispiel für die NECTAR-Arbeit ist der Blended Burger von Fable Food Co, einem Unternehmen, das Fleischersatzprodukte hauptsächlich aus Shiitake-Pilzen herstellt. Der Burger kombiniert Pilze mit tierischem Fleisch und übertraf im jüngsten Geschmackstestbericht von NECTAR die Burger mit reinem Tierfleisch.
Nach Aussage von Caroline Cotto gibt es ein Substitutionspotenzial von etwa 25 Prozent für pflanzliche Alternativen zu tierischen Produkten. Sie räumt allerdings ein, dass die Substitution schwierig zu bestimmen sei, da der Preis zwischen Fleisch und Fleischersatzprodukten immer noch nicht auf dem gleichen Niveau ist.
Cotto sieht das große Ziel nicht in einem 100-prozentigen Ersatz von Fleisch, sondern betont, dass jede Steigerung von vegetarischen Ernährungsalternativen positiv für das Klima ist.
Es ist gut und wichtig, dass sich Unternehmen wie NECTAR mit der Geschmacksoptimierung von pflanzlichen Alternativen bei der Ernährung beschäftigen. Wir Menschen haben gerade bei unseren Lebensmitteln unsere Gewohnheiten.