Deutsche Wende: Verbrenner-Aus nach 2035 kommt doch nicht
Es war keine Überraschung, dass die Bundesregierung das »Ende des Verbrenner-Aus« beschlossen hat. Zu sehr drehte sich die Stimmung in den vergangenen Monaten in diese Richtung. Zu hoch wurde von Woche zu Woche der Druck der Hersteller.

Die schwarz-rote Koalition hat beschlossen, der Autoindustrie den Veränderungsdruck durch das europäische Null-Emissions-Ziel für Neuwagen ab 2035 zu nehmen.
Wie so oft ist auch das Wording dieses Beschlusses besonders interessant. In einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bat Bundeskanzler Friedrich Merz um eine Regeländerung, damit
Sehr weitgehende Formulierung
Mit der Wortwahl „hocheffiziente Verbrenner“ wird die als Ziel definierte emissionsfreie Mobilität des PKW-Verkehrs gekippt. Der Verbrennungsmotor bekommt damit auch ohne elektrische Unterstützung gute Zukunftsaussichten.
Geht der Beschluss durch das EU-Parlament (was erwartet wird) bedeutet dies, dass weiterhin aus dem Auspuff ausgestoßene Treibhausgase die CO2-Bilanz unseres Landes belasten,.
Aktuelle Regelung: Verbrenner-Aus 2035
Die derzeitige Regelung ist sehr eindeutig. Autos, die in Europa ab 2035 neu zugelassen werden, dürfen kein CO₂ mehr ausstoßen. So steht es zumindest in der bestehenden EU-Vereinbarung zum Verbrenner-Aus.
Diese Regelung gilt durchaus, als so »technologieoffen«, wie es die deutsche Regierung gefordert hatte. Da aber PKWs mit Wasserstoffverbrennungsmotor aufgrund der hohen Priorität anderer Bereiche keine Rolle mehr spielen, kann die Technologie der Verbrennungsmotoren die Bedingung „technologieoffen“ praktisch nicht erfüllen.
Die Optionen
Zur Auswahl würden bei einer positiven Entscheidung des EU-Parlaments zum deutschen Antrag folgende Motoren-Technologien stehen:
- Verbrennungsmotoren, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden könnten. Die vorige Bundesregierung hatte für diese Antriebsart bereits eine Ausnahme aus der aktuellen EU-Vereinbarung herausverhandelt. Das Problem besteht darin, dass solche synthetischen Kraftstoffe nach derzeitiger Einschätzung nur in so kleinen Mengen zur Verfügung stehen. Dies führt dazu, dass sie wie auch Biokraftstoffe nicht massentauglich sind.
- Verschiedene Arten von Hybriden, wie Plug-in-Hybride oder E-Autos mit Range Extendern. Beide Systeme kombinieren Elektro- und Verbrennungsmotoren. Auch für sie könnte es nun ebenfalls eine Ausnahme geben, obwohl ihr CO₂-Ausstoß eben nicht null sein kann, solange das Verbrennersystem mitläuft.
- Neu sind nun die so genannten »hocheffiziente Verbrenner«. Dieser Begriff begeistert die Politik da die genaue Definition des Begriffs „hocheffizient“ eher vage gehalten ist
Verbrennungsmtoren: modern, sauber und umweltfreundlich
Nicht nur Vorstände der Automobilindustrie, wie Mercedes-Chef Ola Källenius, sprachen in letzter Zeit von »effizienten Hightech-Verbrennern«. Die Politikerinnen und Politiker eines breiten Parteienspektrums übernahmen diesen Marketingaussage sehr dankbar. Die Begeisterung über den Begriff teilen sich Politiker von Markus Söder bis zu Sahra Wagenknecht.
Die Idee dahinter folgt einem bekannten Muster: Je öfter wir Menschen solche Wortkombinationen nutzen, desto eher setzen sie sich im täglichen Sprachgebrauch fest. Bestehende Beispiele sind »illegale Migration« oder »Bürokratiemonster«.
Der Verbrenner soll also modern, sauber, umweltfreundlich dastehen.
Hinter dieser Aussage steck ein technologisch unlösbares Problem:
Hocheffizient kann nur weniger an Menge und weniger umweltbelastend als bisher bedeuten - keinesfalls aber absolut sauber.
Technologische Grenzen
Die Möglichkeiten der Verbrennungsmotoren-Technik gelten in der internationalen Automobilwelt als ausgereizt. Die Motoren sind bereits sehr stark optimiert, so dass eine Verbesserung nur noch in einem marginalen Bereich stattfinden kann.
Nach einer Untersuchung des TÜV Nord kommen heutige Ottomotoren unter idealen Bedingungen auf Wirkungsgrade von 30 bis 35 Prozent. Dieselmotoren erreichen etwa 45 Prozent. Der derzeit effizienteste Dieselmotor der Welt kommt auf 53 Prozent, stammt allerdings vom chinesischen Hersteller Weichai.
Der allgemein bekannte Vergleich dazu: Der Top-Wert für Elektromotoren liegt bei über 99 Prozent.
Alle Verbesserungen in der Motortechnik waren auch oft mit einer teilweisen Elektrifizierung verbunden. Die Vorteile wurden aber durch eine Veränderung der Fahrzeugklassen fast komplett kompensiert. Dies führte dazu, dass in den vergangenen Jahren schwerere Autos mit mehr PS-Leistung, die Einsparungen durch den Motorenfortschritt fast komplett pulverisiert haben.
Der durchschnittliche Kraftstoffverbrauch von Benzin- bzw. Dieselmotoren liegt seit etwa 15 Jahren nahezu unverändert bei etwa 7,4 Litern pro 100 Kilometern. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass selbst die modernsten Verbrennermodelle nicht unbedingt die Emissionen senken.
Zustimmung wird erwartet
Es ist zu erwarten, dass sich die EU auf den deutschen Vorschlag einigt. Sie beerdigt damit direkt einen Eckpfeiler ihrer Klimapolitik. Dies kommt wenig überraschend, da momentan wirtschaftliche Gesichtspunkte den Argumenten für weiter reduzierte Treibhausgasemissionen diametral gegenüberstehen.
Eine ganz andere Frage sollte sich aber damit beschäftigen, wie die Kunden in zehn Jahren auf das Angebot der Automobilindustrie reagieren. Was also wollen die Kunden in zehn Jahren?
Während politisch die Nostalgie nach Verbrennungsmotoren besonders groß ist, läuft die Entwicklung auf dem Elektroautomobil in eine komplett andere Richtung: die neuen Modelle laden schneller, haben eine große Reichweite und werden preislich günstiger. Hier darf nicht vergessen werden, dass speziell China den Takt der Elektromobilität vorgibt.
Hinzukommt, dass sich die Bundesregierung entschlossen hat, dass Käufer von E-Autos unter einer bestimmten Einkommensgrenze bald einen staatlichen Zuschuss bekommen sollen, wobei Höhe und Modalitäten noch nicht feststehen.
Nach der schlechten Nachricht zum Aufweichen des Verbrennerverbotes ist dies eine gute Nachricht für das Klima.