Das Alpbach Forum – und sein besonderes Jubiläum

Das European Forum Alpbach (EFA) bringt Menschen mit den innovativsten Köpfen aus Politik, Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Kultur und Wissenschaft zusammen. Gemeinsam entwickeln die Teilnehmenden Ideen für ein starkes und demokratisches Europa.

Aplbach in Tirol - Heimat des European Forum Alpbach

Die vielfältige Gemeinschaft aus verschiedensten Bereichen aller Generationen wendet sich an europäische Entscheidungsträger mit dem Ziel, gute Entscheidungen für Europas Zukunft zu treffen. Ich hatte das Vergnügen, mehrere Male an diesem Denkfabrik-Format teilzunehmen.

Im Jahr 2025 feiert das EFA sein 80-jähriges Jubiläum. Unter dem Motto „Recharge Europe“ treffen sich vom 16. bis 29. August Vertreterinnen von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im Tiroler Alpendorf Alpbach. Der Geist, der zwei Wochen lang durch die Alpenidylle wehen soll, gilt als dezidiert proeuropäisch: Der Austausch soll dazu beitragen, „ein starkes Europa zum Wohle aller zu gestalten“, heißt es auf der Homepage.

Doch ausgerechnet zum 80. Jubiläum des Forums wirkt ein Teil des Programms wie ein offener Widerspruch zu diesem Selbstverständnis, denn unter den Vortragenden befindet sich auch die Heritage Foundation. Diese einflussreiche US-Denkfabrik hat mit dem „Project 2025“ die inoffizielle Blaupause für die zweite Präsidentschaft Donald Trumps geliefert.

Ziel der Heritage Foundation ist die Demontage liberaldemokratischer Institutionen in den USA. Mit ihrem Auftritt beim EFA setzt sie ihre Bemühungen dieser Veränderungen auch in Europa fort. So arbeitet die Heritage Foundation verstärkt an einer Vernetzung mit rechtsextremen Parteien und ultrakonservativen Organisationen in Europa, die unter anderem eines wollen: die EU in ihrer jetzigen Form zerschlagen.

Die Heritage Foundation geht strategisch vor. Im ca. 900-seitigen Masterplan „Project 2025“ haben die Verfasser eine „zweite amerikanische Revolution“ vorgezeichnet. Dies beinhaltet konkrete Schritte für die Präsidentschaft Donald Trumps.

Eine Analyse des Magazins Time kam zu dem Schluss, dass in den ersten Tagen seiner zweiten Amtszeit fast zwei Drittel seiner exekutiven Maßnahmen den Vorschlägen des „Project 2025“ entsprachen. Dazu gehören der radikale Rückbau von Regierungsbehörden, die aggressive Einwanderungspolitik, das Ende von Impfprogrammen sowie der Ausstieg bei detn Themen Klima- und Umweltschutz.

Treffen mit Orbán-Freunden

Das Augenmerk der ultrarechten US-Strategen ist nun auf die EU gerichtet.

Der Thinktank will nicht nur den Umbau der USA vorantreiben, sondern ist auch am Abbau der EU interessiert

erklärte die Politologin Tamara Ehs. Sie sitzt im wissenschaftlichen Beirat des Forums Alpbach und forscht derzeit an der Academy of International Affairs in Bonn. Die Heritage Foundation verbinde ultrarechte und konservative Kräfte über den Atlantik hinweg, sagt Ehs.

Das polnische Investigativmedium Vsquare enthüllte Details zu einem Treffen der Stiftung im März mit einer Lobbygruppe aus Hardlinern, die dem ungarischen Premier Viktor Orbán nahestehen. Diskutiert wurde ein Thesenpapier zum Abbau der EU: Nationales Recht soll wieder über europäischem stehen, und der Europäische Gerichtshof soll „überprüft“ werden, um angeblichem „juristischem Aktivismus“ vorzubeugen.

Ende Mai gab es ein Treffen in Paris, um mit Le-Pen-Politikern über „die Zukunft des Konservativismus“ zu diskutieren. Die Heritage Foundation nahm ebenfalls an diesem Treffen Teil.

Die NGO Transparency International stellte Ende Juni zudem fest, dass es in der aktuellen Legislaturperiode vermehrt Treffen von Vertretern der Heritage Foundation mit EU-Abgeordneten gegeben hat.

Der Austausch beschränkt sich nicht auf rechtsextreme und rechtspopulistische Parteien, sondern umfasst auch Mitglieder traditionell konservativer und proeuropäischer Parteien. Im Januar diesen Jahres trafen sich deutsche CDU-Politiker mit einer Delegation unter Führung der Heritage Foundation im Bundestag als mehrere europäische Regierungen versucht haben, vor der Amtseinsetzung des amerikanischen Präsidenten Kontakte mit dessen Umfeld zu knüpfen.

Einblicke in Trumps Welt

Der ehemalige EU-Parlamentsvizepräsident Othmar Karas ist aktuell der Präsident des Alpbach Forums. Zum 80. Jubiläum ist auch Nile Gardiner eingeladen, der Direktor des Margaret Thatcher Centre for Freedom der Heritage Foundation. Gardiner nimmt am 24. August an einer Wanderung mit dem Titel „Navigating a Multi-Ordered World“ teil.

Das Forum erklärt Gardiners Teilnahme so: Er könne Einblicke in die Denkweise der Trump-Regierung geben, die jemand von den Demokraten nicht in dieser Form vermitteln könnte. Das bedeute nicht, dass man die Positionen unterstütze.

Ohne diese Sichtweise würde aber eine maßgebliche Position fehlen.

Um die Situation zu verstehen, in den Dialog zu treten und Konsequenzen für Europa abzuleiten, braucht es eine Person, die den Standpunkt auch tatsächlich vertritt,

erklärt die Organisation die Einladung.

Zudem lasse man die Position nicht unkommentiert, am Spaziergang nehmen auch die Politikwissenschafterin Cathryn Clüver Ashbrook von der Bertelsmann Stiftung und die ehemalige OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid teil.

Als „nahezu surreal“ bezeichnet hingegen Dana Schran von der NGO Climate Action Against Disinformation die Teilnahme der Heritage Foundation. Eine „…klimawandelleugnende Gruppe wie die Heritage Foundation“ werde eingeladen, durch die Alpen zu wandern. Die Alpen gelten als eine von Europas sich am schnellsten erwärmende Region.

Es mutet zumindest befremdlich an, wenn in diesem Rahmen über die Zukunft globaler Kooperation diskutiert werden soll.

Für Tamara Ehs erreicht die Heritage Foundation mit ihrer Teilnahme genau das, was sie will, und zwar den Schein der Radikalität abwerfen. Aktuell werde gezielt das Gespräch mit der politischen Mitte gesucht.

Auch in Alpbach wird Gardiner wohl nicht nur den Spaziergang machen, sondern sich mit anderen Teilnehmenden austauschen

so Tamara Ehs.

Das Forum ist sich der Gefahr des einseitigen Abdriftens durchaus bewusst und versucht, dem entgegenzuwirken. Es betont, dass die Heritage Foundation nur in einem kontextualisierten Format teilnehmen könne.

Das Ziel des Forums sei dezidiert, Allianzen für das europäische Projekt zu ermöglichen und zu festigen.

Man erwarte aber durchaus eine „tiefgreifende Diskussion“ zum Zustand und der Zukunft der transatlantischen Beziehungen.

Link zum Programm und zur Webseite des EFA:

https://www.alpbach.org/de/