Winzig, robust & nach einem Ministerpräsidenten benannt: Bärtierchen Ramazzottius kretschmanni überlebt –100 bis 200 °C!

Wer dachte, die spannendsten Entdeckungen passieren nur im Ozean oder Regenwald, der irrt: Im Schwarzwald haben Forscher der Universität Stuttgart eine neue Bärtierchen-Art entdeckt – und sie Ramazzottius kretschmanni getauft, zu Ehren von Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

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Symbolbild: Ein Bärtierchen (Tardigrade) auf feuchtem Moos. Das neu entdeckte Ramazzottius kretschmanni übersteht Frost bis −100 °C, Hitze bis 200 °C und sogar den Allflug.

Die winzigen Lebewesen, kaum größer als 400 Mikrometer, überraschen nicht nur durch ihre Größe, sondern vor allem durch ihre unglaubliche Widerstandskraft.

Überlebenskünstler unter Extrembedingungen

Bärtierchen, auch Tardigraden genannt, sind bekannt dafür, dass sie unter Bedingungen überleben, die andere Organismen sofort töten würden. Ramazzottius kretschmanni ist da keine Ausnahme:

Die Tiere überstehen Frost bis −100 °C, Hitze bis 200 °C, starke radioaktive Strahlung und sogar den Aufenthalt im All ohne Schutzanzug.

Unter extremen Bedingungen schrumpfen sie zu einem winzigen „Tönnchen“ zusammen und überdauern bis zu 20 Jahre in einem quasi lebendigen Dornröschenschlaf, bevor sie bei Feuchtigkeit innerhalb von 30 Minuten wieder aktiv werden.

Von Moos bis Baumkrone – der ungewöhnliche Lebensraum

Die Entdeckung fand in der Nähe des Ruhesteins im Nationalpark Schwarzwald statt. Die Bärtierchen leben auf feuchten Moosen, Flechten und Totholz, teilweise sogar hoch oben in den Baumkronen der bis zu 20 Meter hohen Weißtannen.

Besonders bemerkenswert:

Die Tiere können nicht aktiv klettern, erreichen die Baumkronen aber durch den Wind, der sie im ausgetrockneten Zustand trägt, oder über Moosstücke, die Vögel in ihre Nester transportieren. Auch ihre Eier werden auf diese Weise einzeln abgelegt.

Auffällige Erscheinung und besondere Merkmale

Optisch heben sie sich von anderen Arten ab: Ramazzottius kretschmanni ist rötlich-beige und fleckig, während viele Bärtierchen unscheinbar oder farblos sind. Auch Form, Anzahl und Anordnung ihrer kräftigen Krallen unterscheiden sie von anderen Tardigraden.

Mit der Entdeckung steigt die Zahl der bekannten Bärtierchen in Deutschland auf 99 Arten, davon 91 an Land und acht im Meer. Allein 80 Arten leben in Baden-Württemberg, weltweit sind bislang rund 1.500 Arten beschrieben.

Internationale Forschung und Dokumentation

Prof. Ralph Schill, einer der führenden Bärtierchen-Forscher, erklärt:

Diese Tiere zeigen uns, wie erstaunlich Anpassungsfähigkeit und Überlebensstrategien selbst bei winzigen Lebewesen sein können. Ramazzottius kretschmanni bringt das eindrucksvoll auf den Punkt.

Gemeinsam mit Prof. Roberto Guidetti von der Universität Modena konnte Schill die Art erstmals wissenschaftlich beschreiben und dokumentieren.

Eine Ehrung für Naturschutz und Biodiversität

Für Ministerpräsident Kretschmann, nach dem die Art benannt wurde, ist die Ehrung eine besondere Auszeichnung:

Bärtierchen zeigen eindrucksvoll, wie robust und faszinierend das Leben auf unserem Planeten ist. Es ist großartig, dass diese winzigen Lebewesen nach mir benannt wurden – ein Symbol für die Bedeutung von Naturschutz und Biodiversität, auch in Bereichen, die wir mit bloßem Auge kaum wahrnehmen.

Ein Naturwunder im Kleinen

Ramazzottius kretschmanni ist ein Paradebeispiel dafür, dass die Natur auch im Mikrokosmos spektakulär ist. Sie erinnert daran, dass jeder Lebensraum – von feuchten Moosen bis zu Baumkronen – wertvoll ist und dass selbst die unscheinbarsten Lebewesen einen unverzichtbaren Platz im Ökosystem haben. Wer beim nächsten Waldspaziergang glaubt, das Leben im Mikrobereich sei langweilig, sollte genauer hinschauen: Hier wartet ein echtes Naturwunder.

Quelle

Universität Stuttgart, Pressemitteilung „Neu entdeckte Bärtierchen-Art trägt Namen von Ministerpräsident Kretschmann“, 12.09.2025