Wie Wassermassen das Klima ändern: Leitete antarktisches Bodenwasser das Ende der letzten Eiszeit ein?
Welche Rolle spielten die Ozeane beim Übergang von der Eiszeit zur Warmzeit? Eine neue Studie kommt zu dem Ergebnis, dass einige Wassermassen den klimatischen Wandel mitprägten – und auch künftig mitbestimmen werden.

Das Südpolarmeer scheint vor rund 12.000 Jahren für den Übergang von der Eiszeit in die heutige Warmphase weit wichtiger gewesen zu sein, als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie. Die Forschenden konnten zeigen, dass sich das antarktische Bodenwasser damals stark ausbreitete und kohlenstoffreiches Tiefenwasser verdrängte – was eine große Menge gespeichertes Kohlendioxid freisetzte.
Neben neuen Erklärungen der Klimageschichte zeigt die Untersuchung auch, wie der Ozean künftig auf die fortschreitende Erwärmung der Antarktis reagieren könnte. Die in Nature Geoscience veröffentlichten Ergebnisse wurden unter Leitung von Dr. Huang Huang vom Laoshan Laboratory in Qingdao gemeinsam mit weiteren Expertinnen und Experten erarbeitet, darunter Dr. Marcus Gutjahr vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.
Neodym als Nachweis
Vor etwa 12.000 Jahren endete die letzte Eiszeit, die globalen Temperaturen stiegen an, und die Menschheit schlug weitestgehend sesshafte Lebensweisen ein. Das Forschungsteam untersuchte anhand einer Rekonstruktion der räumlichen Ausdehnung des antarktischen Bodenwassers in den vergangenen 32.000 Jahren, wie das Südpolarmeer während dieser Übergangsphase das Klima beeinflusste.
– Dr. Huang Huang, Laoshan Laboratory in Qingdao
Um nachvollziehen zu können, wie sich das antarktische Bodenwasser entwickelt hat, analysierte das Team neun Sedimentkerne aus Tiefen zwischen 2200 und 5000 Metern im atlantischen und indischen Sektor des Südpolarmeers. Die Forschenden nutzten die isotopische Signatur des Spurenelements Neodym, das sich aus dem Meerwasser in den Sedimenten ablagert und als eine Art Herkunftsnachweis für Wassermassen fungiert.

„Gelöstes Neodym und sein isotopischer Fingerabdruck im Meerwasser sind ein sehr guter Indikator für die Herkunft einer Wassermasse in der Tiefsee“, erläutert Marcus Gutjahr. Der Experte schildert, dass frühere Messungen auf ein bisher unerklärliches exotisches Signal in Sedimenten der letzten Eiszeit gestoßen waren.
Die neue Studie zeigt, dass in der Eiszeit das heutige antarktische Bodenwasser stark zurückgedrängt wurde, während ein kohlenstoffreiches, kaum bewegtes Tiefenwasser aus dem Pazifik das Südpolarmeer füllte. Dieses speicherte über lange Zeit große Mengen gelösten Kohlenstoffs und verringerte dadurch die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre.
Erwärmung als Ursache
Mit der allmählichen Erwärmung zwischen 18.000 und 10.000 Jahren vor heute kehrte sich der Zustand jedoch um. Das antarktische Bodenwasser breitete sich in zwei deutlichen Phasen wieder aus, beide eng gekoppelt an Erwärmungsschübe in der Antarktis. Die Durchmischung nahm zu, und Kohlendioxid, das zuvor in der Tiefe gebunden war, gelangte in die Atmosphäre.
Gutjahr erklärt: Der Rückgang des Meereises sowie der Eintrag von Schmelzwasser verringerten die Dichte des frisch gebildeten Bodenwassers, was seine Ausbreitung erleichterte und die bisherige Schichtung des Südpolarmeers instabil werden ließ.

Bisher ging die Forschung davon aus, dass Veränderungen im Nordatlantik – etwa die Bildung des nordatlantischen Tiefenwassers – maßgeblich die Tiefenwasserzirkulation beeinflussten. Die neuen Daten widersprechen dieser Annahme jedoch. Entscheidend war vielmehr die Verdrängung der alten, kohlenstoffreichen Wassermasse durch das sich neu bildende antarktische Bodenwasser.
„Vergleiche mit der Vergangenheit hinken immer ein bisschen“, sagt Gutjahr. Dennoch seien sie unverzichtbar, um die heutigen Entwicklungen korrekt einzuordnen. Paläoklimadaten aus Sedimentkernen lieferten dafür die entscheidende Langzeitperspektive.
Da sich das Südpolarmeer inzwischen schneller erwärmt als viele andere Regionen, rückt seine Rolle im globalen Klimasystem stärker in den Mittelpunkt. Die langfristige Beobachtung physikalischer und biogeochemischer Vorgänge soll künftig dabei helfen, realistischere Prognosen über Schmelzvorgänge, Ozeanzirkulation und den Austausch von Kohlendioxid zu erstellen.
Quellenhinweis:
Huang, H., Gutjahr, M., Hu, Y., Pöppelmeier, F., Kuhn, G., Lippold, J., Ronge, T. A., Wu, S., Blaser, P., Lembke-Jene, L., Jaccard, S. L., Luo, Y., & Yu, J. (2025): Expansion of Antarctic Bottom Water driven by Antarctic warming in the last deglaciation. Nature Geoscience.