Verdunstung, alles klar?!

Was hat es mit dem Begriff der Verdunstung auf sich? In welchen Bereichen spielt diese eine wichtige Rolle? Die Antworten gibt es hier im aktuellen Artikel.

Dampf Hütte
Die Sonneinstrahlung hat einen großen Einfluss auf die Verdunstung. Die der Sonne zugewandte schwarze Seite der Hütte erfährt ein höheres Maß an Energiezufuhr, weswegen die Verdunstung im Vergleich zu anderen Oberflächen höher ist. Das hier der Dampf sichtbar wird, liegt daran, dass die Umgebungsluft durch das verdunstende Wasser übersättigt ist und schnell wieder auskondensiert. Foto: Tobias Schad.

Physikalisch ist der Begriff „Verdunstung“ sehr einfach definiert als der Übergang von flüssigem Wasser in seine gasförmige Phase, dem Wasserdampf (auch wenn wir den nicht direkt sehen). Prinzipiell muss man sich vorstellen, dass Teilchen in einem Gas sich ständig bewegen. Allerdings bewegen sich die Teilchen nicht alle gleich schnell, sondern sind alle mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs. Dafür haben sie aber eine mittlere Geschwindigkeit. Diese ist abhängig von der Temperatur. Je wärmer, desto höher die mittlere Geschwindigkeit und umgekehrt.

Jetzt bewegen sich die Teilchen sowohl in der flüssigen Phase, als auch in der gasförmigen Phase. Manche Teilchen in der flüssigen Phase sind so schnell, dass sie das Kollektiv verlassen können und in der gasförmigen Phase landen. Umgekehrt sind manche Teilchen in der gasförmigen Phase so langsam, dass sie wieder in der flüssigen Phase landen. Es findet also ein Austausch zwischen flüssig und gasförmig statt. Hat man ein geschlossenes System, z.B. ein geschlossenes Glas mit Flüssigkeit und Gas, stellt sich irgendwann ein Gleichgewicht ein. Es gehen genauso viele Teilchen von der flüssigen in die gasförmige Phase über, wie umgekehrt.

Keine Laborbedingungen in der Atmosphäre

In der Atmosphäre wird ein derartiges Gleichgewicht nicht immer erreicht, da zum Beispiel die angefeuchtete Luft abtransportiert wird. Das heißt die Verdunstung kann auf einem gleich hohen Niveau bleiben, da die gasförmige Phase immer wieder Wasser aufnehmen kann. Umgekehrtes kann aber auch gelten. Wird bereits angefeuchtete Luft herangeführt, kann sich die Verdunstungsrate verringern. Wir sehen schon, Verdunstung ist abhängig vom Wind und der transportieren Luftmasse. Sollte diese zum Beispiel bei einer bestimmten Temperatur schon gesättigt sein, kann diese nicht mehr Wasser aufnehmen. Wie viel Feuchtigkeit die Luft aufnehmen kann, wird auch Sättigungsdefizit genannt. Je größer diese ist, desto mehr Wasser kann die Luft aufnehmen und desto höher ist auch die Verdunstung.

Allerdings benötigt Verdunstung noch etwas weiteres: Zufuhr von Energie. Die Energie kann zum einen aus der Sonnenstrahlung stammen, aber auch aus dem Wärmevorrat der Luft, dem Boden oder Gewässern. Steht genügend Energie zur Verfügung geht die Verdunstung schnell, bei weniger Energie geht sie langsamer voran.

Noch etwas zur genaueren Unterscheidung von Verdunstung. Es wird unter Verdunstung oft zwei Arten der Verdunstung zusammengefasst. Verdunstet Wasser zum Beispiel an einer Oberfläche ohne Mitwirkung eines lebenden Wesens, wie etwa an einer Seeoberfläche oder auf unbewachsenem Boden, so spricht man von Evaporation. Wird allerdings Wasser unter dem Einfluss aktiver Lebensvorgänge verdunstet, so nenn man dies Transpiration. Zusammengefasst spricht man dann von der Evapotranspiration. Meistens ist dies in der Meteorologie als „Verdunstung“ gemeint.

Wasserverfügbarkeit bestimmt über Verdunstung

Jetzt haben wir aber eines immer als uneingeschränkt vorhanden angenommen: Wasser. Bei den bisherigen Prozessen haben wir angenommen, dass Wasser unendlich verfügbar ist. Beim Meer klingt das irgendwie logisch. Bei einem sehr großen See vielleicht auch. Aber beim Boden wissen wir, dieser kann auch austrocknen. Daher wird bei der Berechnung der Verdunstung auch gerne zwischen der potentiellen Verdunstung und der aktuellen Verdunstung unterschieden. Der Unterschied wird sehr schnell klar, wenn man sich ein Gedankenexperiment vorstellt. In der Wüste mit einer hohen Energiezufuhr, viel Wind und trockener Luft ist die potentielle Verdunstung sehr hoch. Die aktuelle Verdunstung ist jedoch, aufgrund fehlendem Wasser im Boden, äußerst gering.

Je geringer der Bodenwassergehalt, desto weiter bleibt die aktuelle Verdunstung hinter der potentiellen zurück.

Bei uns mag die meiste Zeit die potentielle Verdunstung geringer sein als in der Wüste, aber durch höheres Bodenwasser ist bei uns die aktuelle Verdunstung höher. Je feuchter die Böden, desto näher ist die aktuelle Verdunstung an der potentiellen Verdunstung. Aber es ist auch klar, dass die aktuelle Verdunstung immer kleiner oder höchstens gleich groß der potentiellen Verdunstung ist. Verringert sich der Wassergehalt im Boden, wird auch immer weniger Wasser zur Verdunstung zur Verfügung stehen.

Aus der potentiellen Verdunstung und dem Niederschlag lässt sich auch ein einfaches Maß ableiten – die klimatische Wasserbilanz. Diese ist die Differenz aus dem Niederschlag und der potentiellen Verdunstung. Schnell ist klar, ob z.B. über einen Monat gesehen mehr Wasser durch Niederschlag zur Verfügung stand, als durch Verdunstung benötigt wurde. So ist die klimatische Wasserbilanz bei uns in den Sommermonaten in vielen Gegenden negativ, da die Verdunstung nicht durch den Regen ausgeglichen werden kann. In den Wintermonaten hingegen ist sie positiv, aufgrund der geringeren Energiezufuhr und der Vegetationspause. Daraus können wir ableiten, dass bei uns tendenziell im Winter ein Überangebot an Wasser vorherrscht. Und wie wichtig die Wintermonate im Bezug auf die Bodenfeuchte für den sommerlichen Wasserhaushalt sind.

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