Sensationsfund im antiken Ninive: Archäologen entdecken monumentales Relief im Thronsaal Assurbanipals

Heidelberger Archäologen haben in Ninive ein Relief entdeckt, das von großer historischer und kultureller Bedeutung sein könnte. Es zeigt König Assurbanipal mit zwei zentralen Gottheiten der assyrischen Mythologie – Assur und Ischtar –, die normalerweise nie in solchen Darstellungen anzutreffen sind.

Fragment des entdeckten Reliefs.
Fragment des entdeckten Reliefs. Bild: Aaron Schmitt

Ein Team der Universität Heidelberg hat bei Ausgrabungen im Irak einen außergewöhnlichen archäologischen Fund gemacht: Im Thronsaal des sogenannten Nordpalasts von König Assurbanipal, der einst in der antiken Metropole Ninive residierte, entdeckten sie ein monumentales Relief von historischer und künstlerischer Bedeutung.

Assurbanipal (669–631/627 v. Chr.) war der letzte große Herrscher des assyrischen Reichs und der Erbauer zahlreicher Gebäude. Er hat etwa den Königspalast neu errichten und die berühmte Bibliothek von Ninive erbauen lassen, die bedeutendste Sammlung von Tontafeln weltweit.

Das Relief war auf einer gewaltigen Steinplatte angebracht, die fünfeinhalb Meter lang, drei Meter hoch und etwa zwölf Tonnen schwer ist. Die Darstellung zeigt Assurbanipal in Begleitung zweier bedeutender Gottheiten: Assur, der Hauptgott des assyrischen Pantheons, sowie Ischtar, der Stadtgöttin von Ninive.

„Unter den zahlreichen Reliefdarstellungen assyrischer Paläste, die uns bekannt sind, gibt es keine Darstellung der großen Gottheiten“, erklärt Prof. Dr. Aaron Schmitt vom Institut für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie der Universität Heidelberg. Der Archäologe leitet die Grabungen, die seit 2022 im Rahmen des Heidelberger Ninive-Projekts auf dem sogenannten Kuyunjik-Hügel durchgeführt werden.

3D-Modell des Reliefs: Die Fundstücke sind dunkelgrau, hellgrau ist die Rekonstruktion auf Grundlage der Fundstücke. In der Mitte ist König Assurbanipal zu sehen.
3D-Modell des Reliefs: Die Fundstücke sind dunkelgrau, hellgrau ist die Rekonstruktion auf Grundlage der Fundstücke. In der Mitte ist König Assurbanipal zu sehen. Bild: Michael Rummel

Ninive, das sich in der heutigen Region von Mossul im Nordirak befindet, war einst eine der bedeutendsten Metropolen Nordmesopotamiens. Unter König Sanherib avancierte sie im späten 8. Jahrhundert v. Chr. zur Hauptstadt des assyrischen Großreichs. Der Nordpalast, in dem der aktuelle Fund gemacht wurde, wurde von Assurbanipal errichtet und war bereits im 19. Jahrhundert Ziel britischer Ausgrabungen. Damals entdeckte man große Reliefs, die heute im British Museum in London ausgestellt sind.

Bildprogramm des Reliefs

Im Zentrum des jetzt aufgedeckten Reliefs steht Assurbanipal in königlicher Pose. Zu seiner Rechten und Linken stehen die Gottheiten Assur und Ischtar, hinter denen jeweils weitere mythische Figuren dargestellt sind: ein sogenannter Fisch-Genius, der symbolisch Heil und Leben spendet, sowie eine Stützfigur mit erhobenen Armen. Letztere wird als Skorpionmensch interpretiert – ein Mischwesen der mesopotamischen Mythologie.

Diese Figuren lassen darauf schließen, dass ursprünglich über dem Relief eine riesige geflügelte Sonnenscheibe angebracht war.

Derartige Sonnensymbole stehen in der assyrischen Ikonographie für göttliche Präsenz und königliche Legitimation. Die Anordnung der Figuren sowie die Position im Thronsaal – direkt gegenüber dem Haupteingang – deuten auf die zentrale ideologische Bedeutung des Bildwerks hin.

Heidelberger Grabungsarbeiten im antiken Ninive.
Heidelberger Grabungsarbeiten im antiken Ninive. Bild: Aaron Schmitt

Die Reliefteile wurden in einer mit Erde gefüllten Grube hinter der ursprünglichen Wandnische entdeckt. Diese Grube stammt vermutlich aus hellenistischer Zeit, also dem 3. oder 2. Jahrhundert v. Chr.

„Dass die Fragmente vergraben waren, ist sicherlich mit ein Grund dafür, warum die britischen Archäologen sie vor etwas mehr als hundert Jahren nicht fanden.“
– Prof. Dr. Aaron Schmitt, Institut für Ur- und Frühgeschichte und Vorderasiatische Archäologie der Universität Heidelberg

Die kommenden Monate will das Heidelberger Team nutzen, um das Relief umfassend zu dokumentieren und seinen Fundkontext zu analysieren. Geplant ist eine ausführliche Publikation in einer Fachzeitschrift. Parallel dazu wird mit der irakischen Antikenbehörde (SBAH) ein Konzept entwickelt, nach dem das Relief am originalen Ort rekonstruiert und der Öffentlichkeit präsentiert wird.

Die Entdeckung zeigt die Ikonographie und Ideologie assyrischer Herrschaft in einem neuen Licht, besonders weil die Beziehung zwischen König und Göttern zum ersten Mal abgebildet wird. Darum könnte der Fund die bisherigen Deutungen der königlichen Bildprogramme nachhaltig verändern.