Orcas und Delfine bilden ein Jagdteam: Gemeinsam fangen sie riesige Lachse und teilen das Abendessen
In British Columbia jagen Orcas und Pazifische Große Delfine gemeinsam Lachse – koordiniert, ohne Konkurrenz. Eine neue Studie zeigt erstaunliche interspezifische Kooperation in der Unterwasserwelt.

Im Johnstone Strait, nördlich von Vancouver, Kanada, ziehen Orcas und Delfine scheinbar nebeneinander her – doch die neuesten Forschungsergebnisse zeigen, dass ihre Begegnungen weit mehr als zufällig sind. Ein Team internationaler Wissenschaftler*innen hat beobachtet, dass nördliche Orcas und Pazifische Weißseitendelfine beim Jagen von Chinook-Lachsen koordiniert vorgehen.
Die Orcas orientieren sich gezielt an den Delfinen, während diese nur selten den Orcas folgen. Die Daten deuten darauf hin, dass Delfine als „mobile Späher“ fungieren, die den Orcas helfen, ihre Beute effizienter aufzuspüren.
Koordination unter Wasser
Mit Drohnen, Unterwasserkameras und speziellen Biosensoren konnten die Forschenden detailliert dokumentieren, wie die beiden Arten gleichzeitig und abwechselnd echolokieren.
Orcas könnten so sogar ihren eigenen Suchaufwand verringern, indem sie die „Radarleistung“ der Delfine nutzen.
Während Delfine kleinere Beutetiere wie Hering fangen, zielen Orcas auf große Chinook-Lachse ab, die sie zerlegen und mit ihrem Pod teilen.
Diese Unterschiede in der Nahrungsaufnahme verhindern direkte Konkurrenz und ermöglichen den Delfinen, von den Beuteresten zu profitieren.
Tiefere Tauchgänge, längere Wege
Die Forscher*innen beobachteten, dass Orcas tiefer tauchen (durchschnittlich 35 m) und größere Distanzen zurücklegen, wenn Delfine in der Nähe sind, verglichen mit 20 m, wenn sie alleine jagen.
Auch ihre Körperrollen während der Jagd verringern sich, was möglicherweise zeigt, dass sie sich stärker auf die akustischen Signale der Delfine verlassen. Auf diese Weise können Orcas tiefere Wasserbereiche nach flüchtenden Lachsen absuchen, während Delfine gleichzeitig ihre eigene Beute fangen.
Win-win-Situation im Ozean
Obwohl der Energiegewinn für Delfine aus den Resten der Lachse relativ klein sein mag, gibt es keine Anzeichen für aggressive Konkurrenz.
Stattdessen entsteht eine gegenseitige Toleranz:
Orcas profitieren von zusätzlichen akustischen Hinweisen, Delfine erhalten gelegentlich Nahrung und möglicherweise Schutz vor Raubtieren wie transienten Orcas (Orcas, die Meeressäuger jagen und in kleinen, leisen Gruppen leben, im Gegensatz zu fischfressenden residenten Orkas).
Scientists have released incredible footage of northern transient killer whales following Pacific white-sided dolphins to help locate prey, then sharing the catch with them afterwards. https://t.co/JpLdItK9xs
— Marine Connection (@MC_org) December 12, 2025
Photo: Dalhousie University (S. Fortune) pic.twitter.com/GId1zllik8
Kulturelle Unterschiede und offene Fragen
Ob ähnliche Kooperationen zwischen südlichen Orca-Populationen und Delfinen existieren, ist noch unklar. Es ist denkbar, dass solche Verhaltensweisen kulturell übertragen werden und populationsspezifisch sind. Langzeitstudien und weitere Tagging-Experimente sind nötig, um den Nutzen für beide Arten sowie die Häufigkeit dieser Jagdstrategien zu quantifizieren.
Ein unerwartetes Bündnis
Die Forschung zeigt, dass Orcas und Delfine beim Jagen von Chinook-Lachsen überraschend koordinierte Partner sein können. Dieses Verhalten könnte die Effizienz bei der Beutejagd steigern und eröffnet neue Einblicke in die komplexen Interaktionen zwischen marinen Raubtieren.
Die Beobachtungen belegen, dass Kooperation im Tierreich nicht nur zwischen Artgenossen, sondern auch zwischen unterschiedlichen Arten möglich ist – eine spannende Perspektive für die Meeresforschung.
Quelle
Fortune, S. M. E., Cheng, X., Holmes, K. & Trites, A. W. (2025). Cooperative foraging between dolphins and fish-eating killer whales. Scientific Reports, 15, Article number: 42897.