CO₂ zu reduzieren reicht nicht: Einige Umweltmaßnahmen können die Luftqualität beeinflussen, sagen Wissenschaftler
Nicht alle CO₂-Sparmaßnahmen gleichen sich: Eine neue Studie zeigt, dass Flugreisen und Stromkauf die Luftqualität unterschiedlich beeinflussen – trotz identischer CO₂-Einsparungen.

Viele Unternehmen und Institutionen investieren heute in klimafreundliche Maßnahmen. Ziel ist es, den eigenen CO₂-Fußabdruck zu verkleinern. Häufig geschieht dies durch den Kauf erneuerbarer Energie oder durch die Reduzierung von Flugreisen.
Auf den ersten Blick wirken beide Strategien gleich sinnvoll: Sie verringern die Treibhausgasemissionen.
Eine neue Studie von Forschern um Yuang Chen und Noelle Selin am Massachusetts Institute of Technology (MIT) zeigt jedoch, dass die Luftqualität durch diese Maßnahmen sehr unterschiedlich beeinflusst wird.
Flugreisen verursachen mehr Luftschäden
Die Wissenschaftler analysierten Daten von zwei Universitäten und einem Unternehmen in der Region Boston. Mithilfe eines komplexen Modells quantifizierten sie die Auswirkungen von Maßnahmen, die die gleiche Menge CO₂ einsparen. Dabei verglichen sie zwei typische Klimaschutzmaßnahmen: den Kauf von Strom aus erneuerbaren Quellen und die Reduktion von Flugreisen.
Das Ergebnis ist eindeutig:
Flugreisen verursachen etwa dreimal so hohe Luftschäden wie vergleichbare Stromkäufe. Der Grund liegt in den sogenannten Co-Emissionen. Neben CO₂ entstehen bei Flugreisen Stickstoffoxide und andere Schadstoffe, die in großer Höhe freigesetzt werden, sich über Kontinente ausbreiten und dort Feinstaub (PM₂,₅) sowie bodennahes Ozon (O₃) bilden. Diese Stoffe erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen und können zu vorzeitigen Todesfällen führen.
Bei Stromkäufen wirkt sich die Emissionsreduktion ebenfalls auf die Luftqualität aus, allerdings anders: Fossile Kraftwerke erzeugen ebenfalls Stickstoffoxide und Feinstaub, jedoch in Bodennähe und meist in der unmittelbaren Region.
Regionale Unterschiede spielen eine entscheidende Rolle
Die Studie zeigt: Wo Emissionen entstehen, macht einen großen Unterschied für unsere Luft. Stromverbrauch belastet vor allem die Region vor Ort, Flugemissionen wirken dagegen weltweit, weil sie in großer Höhe in die Atmosphäre gelangen und weite Strecken zurücklegen.
Auch innerhalb der USA gibt es Unterschiede: Strom aus dicht besiedelten Regionen schadet der Gesundheit deutlich stärker als derselbe Strom aus dünn besiedelten Gebieten – trotz gleicher CO₂-Einsparung.
Das bedeutet: Wer fossilen Strom vermeidet oder ersetzt, tut den Menschen in Städten oft mehr Gutes als denen auf dem Land. Nicht alle CO₂-sparenden Maßnahmen wirken gleich – Unternehmen, die Net-Zero-Ziele erreichen wollen, sollten daher genau hinschauen, wo und wie ihre Maßnahmen die Luftqualität beeinflussen, um sowohl Klima als auch Gesundheit optimal zu schützen.
Monetäre Bewertung der Luftschäden
Um die Unterschiede greifbar zu machen, monetarisierten die Forscher die Luftschäden.
Diese Zahlen verdeutlichen, dass CO₂-Reduktion allein kein vollständiges Bild des gesellschaftlichen Nutzens liefert.
Praktische Empfehlungen für Organisationen
Die Forscher betonen, dass Unternehmen strategisch vorgehen sollten, wenn sie neben Klimaschutz auch Luftqualität fördern wollen. Kurzstreckenflüge zu reduzieren, kann lokal besonders wirksam sein. Auch die Wahl der Stromquelle und die Berücksichtigung der Bevölkerungsdichte am Standort sind entscheidend für die gesundheitlichen Auswirkungen.
MIT CS3 researchers & collaborators found that industrys actions to shrink their carbon footprintlike buying renewable electricity or reducing air travelcan both cut CO emissions but have very different impacts on overall air quality. #sustainability https://t.co/3Wx5rbc0A0
— MIT Center for Sustainability Science and Strategy (@mit_cs3) December 8, 2025
Priorität für Gesundheit und Klima
Die Studie von Chen et al. zeigt klar: Nicht alle „grünen“ Maßnahmen sind gleichwertig. Unternehmen, die Net-Zero-Ziele erreichen und gleichzeitig Gesundheit und Luftqualität schützen wollen, müssen sorgfältig abwägen, welche Emissionen zuerst reduziert werden. Luftqualität und Klimaschutz müssen deshalb gemeinsam betrachtet werden, um den größtmöglichen gesellschaftlichen Nutzen zu erzielen.
Quelle
Chen, Y., Allroggen, F., Eastham, S. D., Gibney, E. M., Clark, W. C., & Selin, N. E. (2025). Air quality impacts of electricity purchase and air travel by organizations. Environmental Research Letters, 20(12), 124056.