Moore: natürliche Kohlenstoffspeicher! Was hat es damit genau auf sich?

Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren 5 % Deutschlands mit Mooren bedeckt - eine Fläche des Bundeslandes Sachsen. Heute sind nur noch auf 0,1 % der Fläche unseres Landes intakte Moore vorhanden, was einer Fläche der Stadt Bremen entspricht.

Intakte Moore: das Ziel
Moore und ihre wichtige Rolle beim Kampf gegen den Klimawandel

Moore speichern weltweit mehr Kohlenstoff als jedes andere Ökosystem an Land und nahezu doppelt so viel wie alle Wälder unserer Erde zusammen. Über die Moorpflanzen gelangt er in den Boden und wird dort als Torf gespeichert. Doch sobald das Moor nicht mehr von Wasser bedeckt ist, entweicht der Kohlenstoff wieder und bildet schädliche Klimagase, wie Kohlendioxid (CO2) oder Lachgas (N2O).

Die Fehler der letzten 250 Jahre

Weltweit wurden in den vergangenen Jahrhunderten fast 20 Prozent der bestehenden Moorflächen trockengelegt, um speziell für landwirtschaftliche-, aber auch forstwirtschaftliche Nutzung Platz zu schaffen. Durch den beschriebenen Umkehreffekt wurden trockengelegte Moore zu Klimakillern, die gigantische Mengen an Klimagasen von den Permafrostböden im Norden bis zu den Palmölplantagen in Indonesien freisetzten. Allein in Deutschland schätzt der BUND deren Menge auf ca. 7,5 Prozent aller klimarelevanten Emissionen. In unserem Land ist Mecklenburg-Vorpommern Spitzenreiter in Sachen Moor. Dort sind fast 13 % der Landfläche von Mooren bedeckt.

Die Auswirkungen der trockengelegten Moore sind Verluste an Natur- und Ökosystemleistungen. Sie gehören zu dem Preis, den wir alle für unser gutes Leben bezahlen müssen, wie auch schon das Magazin KATAPULT in einem Bericht zum Thema Moore aus dem Jahr 2019 betonte.

Aber auch intakte Moore sind durch den anhaltenden Klimawandel bedroht, denn sie werden gerade in den Sommermonaten durch Trockenheit bedroht. Als Folge von Dürreperioden trocknen auch die Moore langsam aus und geben wie auch künstlich trockengelegte Moore klimaschädliches CO₂ in die Atmosphäre ab.

Treiber des Ganzen: der Mensch!

Was veranlasst uns, diese wertvollen Teile unseres Ökosystems durch Trockenlegung zu vernichten? Wie so oft stecken wirtschaftliche Gründe dahinter. In Europa waren Ansiedlungen und landwirtschaftliche- bzw. forstwirtschaftliche Nutzung die Treiber der Umwandlung. In Deutschland wurden Moore großflächig seit Ende des 18.Jahrhunderts zerstört. Scheinbar kluge Menschen entwarfen Programme, die Moorgebiete nutzbar machen sollten. Ihr Vorbild waren die Niederlande. Dort hatte die Erschließung von Feuchtgebieten durch Entwässerung und Torfabbau zum wirtschaftlichen Aufstieg der frühen Neuzeit beigetragen. Torf ist der Grundstoff aller Moorböden. Er landet als Energieträger in Kraftwerken oder als Erde im Blumentopf. Dieser Raubbau fügte den Mooren einen immensen und unersetzlichen Schaden zu.

Seit etwa 20 Jahren werden zunehmend auch die Moorwälder der tropischen Regionen entwaldet, entwässert und für Wertholzgewinnung und intensive landwirtschaftliche Produktion genutzt. Viele Jahre lagen die Hotspots dieser Entwicklung in Südostasien, besonders in Indonesien. Infrastrukturentwicklung und Rodung erfassen derzeit auch immer stärker die großen Moorwälder im Kongobecken und im Amazonas. Eine weitere Bedrohung für die großen Feuchtgebiete und Moore in den subtropischen Regionen Afrikas und Südamerikas sind die Klimaveränderungen und die dadurch immer dramatischeren Dürreperioden.

Die wissenschaftliche Wiederentdeckung der Moore

Die Forscherteams des »Greifswald Moor Centrums« (GMC) betreiben systematische Forschung an den Mooren und ihrer wichtigen Rolle bei der Speicherung von Kohlenstoff. Ihre Besorgnis ist unverändert groß, denn bis heute laufen vielerorts Pumpen, die Moore trockenlegen. Zusätzlich werden Entwässerungsgräben durch intakte Moore gezogen. Mit vielen KollegInnen aus der Wissenschaft fordern sie nicht nur ein sofortiges Ende aller Trockenlegungsmaßnahmen, sondern das genaue Gegenteil davon: eine Wiedervernässung alle bisher trockengelegten Moorflächen.

Ihre Forderung findet bei den Entscheidern der Politik scheinbar offene Ohren. In ihrem Koalitionsvertrag bekundet die derzeitige Bundesregierung, dass der Moorschutz im öffentlichen Interesse liegt. Die Emissionsreduktion durch Moorwiedervernässung gilt damit auch offiziell als wichtiges natürliches Klimaschutzelement. Ende 2022 beschloss das Bundeskabinett die Moorschutzstrategie als fachliche Grundlage der Politik beim Thema Moore. Wichtige Handlungsfelder sind der Schutz intakter Moore und die Wiedervernässung trockengelegter Moorflächen. Ein Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) hat die Bundesregierung bis 2026 mit 4 Milliarden Euro budgetiert.

Auch viele Naturschutzverbände wie der BUND oder NABU fordern, die Wiedervernässung von Mooren rasch voranzutreiben und die weitere Entwässerung von Mooren umgehend zu stoppen. Die Landwirtschaft benötigt Perspektiven durch die Förderung von extensiver, nasser Landwirtschaft mit so genannten Paludikulturen wie Schilf oder Rohrkolben. Das Wort hat seinen Ursprung in der lateinischen Sprache, wo »palus« für Sumpf oder Morast – und damit auch den Begriff Moor umfasst. Diese neue Kulturart nachwachsender Rohstoffe aus den Mooren kann ein Umdenken fördern und zu einer nachhaltigen Nutzung nasser Moore beitragen. Ob Reetdächer aus Schilfhalmen, Einblasdämmungen aus Rohrkolben oder Möbelbauplatten aus Grasfasern: viele Prototypen von Paludikultur-Produkten existieren bereits. Sie stellen eine ökologische Alternative zu Rohstoffen dar, die über lange Transportwege nach Europa importiert werden müssen. Paludikultur kann damit Moorschutz und Landwirtschaft vereinen. Die Mammutaufgabe einer Einführung bzw. Umstellung auf diese Kulturart können landwirtschaftliche Betriebe ohne politische Hilfestellung allerdings nur schwer stemmen.

Vernässung als Klimaziel

Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müssen in Deutschland jedes Jahr rund 50.000 Hektar Moore wieder vernässt werden. In Projekten von Schleswig-Holstein bis Bayern zeigen Naturschutzverbände, dass eine Wiedervernässung funktioniert. Daher fordern sie politische Unterstützung durch die Umsetzung der »Nationalen Moorschutzstrategie« der Bundesregierung.

Die Heinrich-Böll-Stiftung hat zusammen mit dem BUND und der Michel Succow Stiftung, einem Partner des Greifswald Moor Centrums, den »Mooratlas 2023« herausgegeben. Dieser liefert viele Daten, Fakten und Grafiken zu Mooren als natürliche Klimaschützer. Sie geben Antworten auf die Fragen, was die weltweite Moorzerstörung antreibt und welche lokalen und globalen Auswirkungen sie hat.

Öffentlichkeit und Politik erkennen langsam, aber stetig das Ausmaß des Problems und die Rolle der Moore im Kampf gegen die Klimaveränderungen.


Artikel wie dieser sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem anderen, neuen Moorbewusstsein in der Gesellschaft. So könnten wir uns letztendlich von Begriffen wie »Gruselmoor«, »Todesmoor« oder »Teufelsmoor« verabschieden und einen der natürlichsten Klimaschützer als das bezeichnen, was er eigentlich schon immer war: ein »Klimamoor«.