Macht der Duft von Tannennadeln wirklich glücklicher – und sogar gesünder?
Je näher der Heilige Abend rückt, desto häufiger stehen sie an Straßenecken, auf Marktplätzen und vor Gartencentern: Weihnachtsbäume. Kaum im Wohnzimmer angekommen, verströmen sie ihren typischen Duft. Doch wirkt sich der wohlige Geruch auch auf unseren Körper aus?

Für viele Menschen gehört das typische Tannenaroma untrennbar zur Weihnachtszeit, indem er Gefühle von Ruhe, Geborgenheit und Zufriedenheit auslöst. Doch ist die Wirkung reine Einbildung oder steckt mehr dahinter? Dieser Frage sind nun Wissenschaftler des Universitätsklinikums Regensburg (UKR) nachgegangen.
– Professor Dr. Thomas Loew, Direktor der Abteilung für Psychosomatische Medizin am UKR
Die Forschenden kamen zu dem Ergebnis, dass sich der Geruch von Tannengrün tatsächlich auf das Immunsystem auswirkt. Konkret untersuchten die Forschenden, ob ätherische Öle der Nadeln die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO) in der Nasenschleimhaut anregen.
Körperliche Abwehr verbessert sich
Stickstoffmonoxid ist ein wichtiges Signalmolekül des menschlichen Körpers. Es ist unter anderem an der angeborenen Immunabwehr beteiligt, insbesondere in den oberen Atemwegen. Bei viralen Infektionen steigt die NO-Produktion frühzeitig an und kann sogar Krankheitserreger unschädlich machen.
An der randomisierten Studie nahmen 16 freiwillige Probandinnen und Probanden teil. Im Versuch rochen sie entweder fünf Minuten lang an einem frisch gefällten Tannenbaum, und zwar in einem warmen, geschlossenen Raum, in dem der Baum bereits rund 24 Stunden gestanden hatte, oder sie summten fünf Minuten lang Melodien.

Vor und nach den jeweiligen Tests wurde die Konzentration von Stickstoffmonoxid in der Ausatemluft gemessen. Parallel gaben die Teilnehmenden Auskunft über ihr subjektives Entspannungsempfinden. Dabei kam heraus, dass sowohl der Duft des Baumes als auch das Summen bei einem Teil der Probanden zu einem deutlichen Anstieg der NO-Werte führte. Wichtigste Erkenntnis war, dass es sich bei der entspannenden Wirkung eben nicht nur um einen psychologischen Effekt handelt.
Interessant war zudem, dass, wenn beide Reize kombiniert wurden, die meisten Probanden davon profitierten. „In Kombination zeigten rund 70 Prozent eine gesteigerte Immunfunktion“, so Loew. Lediglich etwa ein Viertel der Teilnehmenden reagierte auf keinen der Reize messbar. „Augenzwinkernd könnten wir diese als ‚Weihnachtsmuffel‘ bezeichnen“, ergänzt der Mediziner.
Kultureller Kontext
Die Forschenden ordnen ihre Ergebnisse in einen größeren kulturellen und historischen Zusammenhang ein. Ähnliche Effekte sind etwa aus der finnischen Saunatradition bekannt, bei der ätherische Öle eingesetzt werden, oder aus dem Trend des Waldbadens. Auch hier beeinflussen Pflanzenstoffe und Aerosole die Entspannung und Immunmodulation.
Der Weihnachtsbaum im Wohnzimmer könnte also ursprünglich nicht nur einen dekorativen Zweck erfüllt haben. Über den Geruch hinaus aktiviert er möglicherweise unbewusste, über Jahrhunderte tradierte Mechanismen zur Stärkung von Körper und Seele.
Demzufolge machen uns der geschmückte Tannenbaum und das gemeinsame Singen – abgesehen vom schönen Ritual – tatsächlich ein kleines Stück gesünder.
Quellenhinweis:
Loew, T., et al. (2025): O Christmas tree – does inhaling fresh pine scent for 5 minutes activate nasal NO release? a RCT with “humming” as a control condition. International Journal of Complementary and Alternative Medicine, 18, 6, 212‒214.