Ist die Oortsche Wolke eine gigantische Spirale? Modelle deuten auf unerwartete Struktur am Rande des Sonnensystems hin

Die das Sonnensystem umgebende Oortsche Wolke könnte eine andere Form haben als bisher gedacht. Neue Simulationen Simulationen weisen auf zwei spiralförmige Arme hin, weswegen die Astronomen die Entdeckung Oort-Spirale nennen.

Oortsche Wolke
Die Oortsche Wolke bildet den äußeren Rand unseres Sonnensystems. Bild: Screenshot YouTube/SEA

Die Oortsche Wolke, eine riesige Ansammlung eisiger Brocken, die unser Sonnensystem umgibt, scheint eine a. Bisher gingen Astronomen davon aus, dass ihr innerer Bereich eine flache, scheibenartige Struktur aufweist. Doch neue Computersimulationen deuten darauf hin, dass dieser Teil der Oortschen Wolke vielmehr zwei gebogene Arme besitzt und einer Mini-Spiralgalaxie gleicht.

Die Oortsche Wolke ist eine hypothetische, kugelförmige Ansammlung von Eiskörpern am Rand des Sonnensystems, jenseits von Neptun und dem Kuipergürtel. Sie erstreckt sich von etwa 2000 bis 100.000 AE und gilt als Ursprungsort vieler Kometen, die durch gravitative Störungen in das innere Sonnensystem gelangen.

Direkte Beobachtungen der Oortschen Wolke sind kaum möglich, da selbst ihr innerer Rand mehr als 1.000 Mal weiter von der Sonne entfernt ist als die Erde. Daher basiert unsere Wissen über diese Region weitgehend auf Simulationen und Rückschlüssen aus Kometenbahnen.

Erkenntnisse durch Computersimulationen

Ein Forschungsteam um David Nesvorny vom Southwest Research Institute in Colorado hat nun mit verbesserten Modellen untersucht, wie sich die innere Oortsche Wolke in den vergangenen 4,6 Milliarden Jahren entwickelt haben könnte. Dabei setzten sie rund 34.000 simulierte Objekte den Gravitationskräften der Planeten, vorbeiziehender Sterne und der Milchstraße aus.

Oortsche Wolke in Relation zum Sonnensystem
Ausmaße der Oortschen Wolke in Relation zum Sonnensystem. Bild: NASA

Das Ergebnis widerspricht bisherigen Annahmen: Statt einer flachen Scheibe entdeckten die Forscher eine s-förmige Struktur mit zwei ausgeprägten Spiralarmen, die sich über 15.000 astronomische Einheiten erstreckt. „Die Hauptachse dieser Spirale liegt in einer Ebene mit der Ekliptik, aber die Enden der Spiralarme ragen darüber hinaus“, berichten Nesvorny und sein Team. Für einen Betrachter innerhalb des Sonnensystems wäre diese Spiralform jedoch nicht direkt erkennbar, da sie sich über große Entfernungen verteilt. Würde man aber aus der Ferne auf unser Sonnensystem blicken, könnte man die erhöhte Dichte eisiger Objekte in diesen Spiralarmen wahrnehmen.

Wie entstand die Spiralform?

Die ungewöhnliche Struktur könnte durch zwei aufeinanderfolgende Prozesse entstanden sein. Zunächst wurden zahlreiche kleinere Himmelskörper von den äußeren Planeten aus dem inneren Sonnensystem herausgeschleudert. Diese Objekte sammelten sich in der Region zwischen 1000 und 10.000 astronomischen Einheiten.

Im zweiten Schritt veränderten die galaktischen Gezeitenkräfte allmählich die Umlaufbahnen der Objekte. Da das Sonnensystem gegen die Hauptebene der Milchstraße geneigt ist, wirkten diese Kräfte schräg auf die Himmelskörper ein und ließen ihre Bahnen nach und nach von der Planetenebene abweichen. Über Milliarden von Jahren formte sich so die spiralförmige Struktur.

Nachweis der Oortschen Spirale

Ob diese Spiralstruktur tatsächlich existiert, bleibt vorerst ungewiss. Eine direkte Beobachtung mit optischen Teleskopen wäre nahezu unmöglich, da die einzelnen Objekte zu weit entfernt und zu lichtschwach sind. Eine Möglichkeit zur Entdeckung könnte die Messung ihrer Wärmestrahlung im Infrarotbereich bieten. Die Forscher gehen davon aus, dass die eisigen Partikel Temperaturen von rund zehn Kelvin haben und im Bereich von 300 bis 400 Mikrometern Strahlung abgeben.

Spiralarme
Draufsicht auf die Oort-Spirale aus der Perspektive eines entfernten Beobachters in der galaktischen Ebene. Die gelben Kurven heben die beiden Spiralarme hervor. Bild. Nesvorny et al. 2025

Theoretisch könnte die Strahlung bereits in den Daten des Planck-Weltraumteleskops verborgen sein – als Verzerrung der kosmischen Hintergrundstrahlung. „Allerdings sind auch dabei die Aussichten eher gering, die innere Oortsche Wolke zu detektieren“, stellen jedoch die Astronomen fest. Vielversprechender könnte es sein, ähnliche Spiralstrukturen bei anderen Sternensystemen zu suchen, die sich in einem ähnlichen Entwicklungsstadium befinden.

Sollten künftige Beobachtungen die Simulationsergebnisse bestätigen, würde das unser Bild der äußeren Sonnensystemregion grundlegend verändern. Zudem könnte die Entdeckung erklären, warum einige langperiodische Kometen Bahnen aufweisen, die nicht mit der bisherigen Vorstellung einer flachen, scheibenförmigen inneren Oortschen Wolke übereinstimmen. Die nächsten Jahre könnten eines der größten Geheimnisse unseres Sonnensystems lüften.

Quellenhinweis:

Nesvorny, D., Dones, L., Vokrouhlicky, D., Levison, H. F., Beauge, C., Faherty, J., Emmart, C., Parker, J. P. (2025): A Spiral Structure in the Inner Oort Cloud. Astrophysical Journal.