Hunde und Katzen durchstreifen unterschiedlich die Welt: Die einen haben feste Routen, die anderen nicht

Forscher haben Bewegungsdaten von Hunde- und Katzenartigen untersucht. Dabei fanden sie heraus, das Hundeartige lieber auf ihren Standardstrecken navigieren, derweilen Katzenartige sich eher verstreut aufhalten und festgelegte Wege vermeiden.

Auch Bewegungsdaten des Rotfuchses (Vulpes vulpes), einer der am weitesten verbreiteten Vertreter der Ordnung Raubtiere (Carnivora), wurden für die Studie gesammelt und ausgewertet.
Auch Bewegungsdaten des Rotfuchses (Vulpes vulpes), einer der am weitesten verbreiteten Vertreter der Ordnung Raubtiere (Carnivora), wurden für die Studie gesammelt und ausgewertet. Bild: Ivan Rudoy/Unsplash

Hunde- und Katzenartige verfolgen völlig verschiedene Strategien, wenn sie sich in freier Wildbahn bewegen. Das hat ein internationales Forschungsteam nun herausgefunden. Während Wölfe oder Füchse lieber feste Routen nutzen, erkunden Luchse, Leoparden oder Pumas ihre Umgebung viel unregelmäßiger. Die Studie stellt bisherige Annahmen über Tierbewegungen grundlegend infrage.

Hundeartige (Caniformia) und Katzenartige (Feliformia) sind Schwesterngruppen innerhalb der Ordnung der Raubtiere (Carnivora). Hundeartige sind Wölfe, Füchse, Schakale, Hunde, aber auch Bären, Robben und Marder. Katzenartige umfassen etwa Leoparden, Luchse und Hyänen.

Die Grundlage der Studie bildet ein gewaltiger Datensatz: Über 1200 Tiere aus 34 Arten wurden mithilfe von GPS-Halsbändern über fast ein Jahrzehnt hinweg beobachtet. Das Material stammt von sechs Kontinenten und vereint Beiträge von 177 Forschenden aus 150 Einrichtungen weltweit. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht.

„Eine so große Datensammlung ist naturgemäß in vielerlei Hinsicht uneinheitlich. Umso erstaunlicher ist es, dass die gefundenen Unterschiede so deutlich und so konsistent sind“, erklärt Dr. Justin M. Calabrese, Hauptautor der Arbeit und Leiter der Forschungsgruppe für Erdsystemwissenschaften am Center for Advanced Systems Understanding (CASUS) in Görlitz.

Routenjäger und Freigeister

Die Forschenden konnten zeigen, dass hundeartige Raubtiere – darunter Wölfe, Füchse oder Kojoten – bestimmte Standardbahnen innerhalb ihres Reviers etablieren. Sie kehren immer wieder zu denselben Strecken zurück und nutzen sie regelmäßig. Katzenartige dagegen bewegen sich eher verstreut und folgen weniger festen Mustern.

„Wir haben herausgefunden, dass sich wildlebende Hunde- und Katzenartige auf grundlegend unterschiedliche Weise durch ihre Heimatgebiete bewegen, auch wenn sie häufig ähnlich groß sind, ähnliche Habitate bewohnen und ähnliche Beutetiere bevorzugen.“

– Dr. Justin M. Calabrese, Leiter der Forschungsgruppe für Erdsystemwissenschaften am CASUS in Görlitz, Hauptautor

Die Unterschiede traten besonders klar hervor, wenn Arten derselben Region direkt verglichen wurden. In den östlichen Rocky Mountains etwa zeigten Kojoten weitaus häufiger wiederkehrende Routen als die dort ebenfalls vorkommenden Pumas. Damit ließ sich ausschließen, dass allein die Landschaftsform oder das Beutetierangebot die Bewegungsmuster erklärt.

Evolutionäre Wurzeln

Für die Forschenden liegt die Ursache in der Evolution: „Wir vermuten, dass diese Beobachtung auf grundlegende evolutionäre Unterschiede zurückgeht, wie sich diese Arten orientieren und in ihrer Umgebung zurechtfinden“, erläutert Dr. William F. Fagan, Professor für Biologie an der Universität Maryland und leitender Autor der Publikation.

Die Diagramme zeigen die durchschnittlichen Aktionsräume (schwarze Konturen) und die Lage der Wahrscheinlichkeitsgipfel (rote und blaue Kurven) für Individuen aus sechs Arten in Landschaften, in denen die Bewegungen von Caniden und Feliden untersucht wurden.
Die Diagramme zeigen die durchschnittlichen Aktionsräume (schwarze Konturen) und die Lage der Wahrscheinlichkeitsgipfel (rote und blaue Kurven) für Individuen aus sechs Arten in Landschaften, in denen die Bewegungen von Caniden und Feliden untersucht wurden. Bild: Fagan et al., 2025

Ein entscheidender Faktor könnte der Geruchssinn sein: Hundeartige besitzen im Vergleich zu Katzenartigen ausgeprägtere olfaktorische Fähigkeiten, die ihnen dabei helfen, bestimmte Wege wiederzuerkennen und gezielt aufzusuchen.

Folgen für Modelle und Schutzkonzepte

Bisherige ökologische Bewegungsmodelle gingen davon aus, dass Raubtiere unabhängig von ihrer Familie ihre Gebiete relativ zufällig durchstreifen. Auf Grundlage dieser Annahme wurden dann Simulationen erstellt, etwa zu Begegnungen von Räubern und Beute oder zur Verbreitung von Krankheiten. Durch die neuen Daten wird klar, dass die alten Modelle angepasst werden müssen.

Auch für den Wildtierschutz hat die Studie konkrete Folgen: Wer weiß, welche Wege ein Tier bevorzugt, kann menschliche Eingriffe wie Straßenbau oder Siedlungsentwicklung besser planen und somit Konflikte vermeiden. Ebenso lassen sich Schutzgebiete besser gestalten, wenn klar ist, ob eine Art weiträumig streift oder sich auf feste Routen konzentriert.

Mammutprojekt während der Pandemie

„Diese Forschungsarbeit war ein gewaltiges Unterfangen, das mit einer Vielzahl von E-Mails während der COVID-Pandemie begann“, erinnert sich Fagan an die ungewöhnlichen Umstände des Forschungsvorhabens. Aus der Idee entwickelte sich dann die bisher größte vergleichende Untersuchung zur Bewegungsökologie von Raubtieren.

Das Projekt hat gezeigt, wie moderne GPS-Technologie und ausgefeilte Analysemethoden faszinierende Aspekte des Tierverhaltens aufdecken können. Noch vor ein paar Jahren hätte man diese Erkenntnisse nicht erlangen können.

Damit wird klar, dass hinter alltäglichen Beobachtungen – der Hund läuft immer wieder denselben Gartenweg entlang, die Katze streift scheinbar ziellos umher – ein tief verankertes, evolutionäres Muster steckt. Und genau das wurde nun erstmals in globalem Maßstab wissenschaftlich belegt.

Quellenhinweis:

William F. Fagan et al. (2025): Wild canids and felids differ in their reliance on reused travel routeways. Proceedings of the National Academy of Sciences.