Die Zukunft gesunder Knochen – aktuelle Forschung zur stillen Gefahr Osteoporose
Wie können wir unsere Knochengesundheit erhalten? Und wie können Krankheiten wie Osteoporose behandelt werden? Eine Spitzenforscherin erklärt, worauf es neben einer ausgewogenen Lebensweise und ausreichend Bewegung noch ankommt.

Knochen tragen unseren Körper und bilden den menschlichen Stütz- und Halteapparat. Sie schützen lebenswichtige Organe, speichern Mineralstoffe, bilden Hormone und im Knochenmark unsere Blutzellen. Doch trotz der zahlreichen Funktionen ist die Knochengesundheit – besonders mit zunehmendem Alter – gefährdet und Krankheiten wie Osteoporose treten auf.
„Osteoporose betrifft mehr als die Hälfte aller Frauen und rund ein Viertel der Männer über 50“, erklärt Stanford-Endokrinologin Joy Wu im Podcast The Future of Everything der Stanford School of Engineering. Das Heimtückische an Osteoporose ist, dass die Krankheit oft ohne Symptome verläuft – bis ein Bruch plötzlich Mobilität und Selbstständigkeit zerstört.
Warum Knochen altern – und was hilft
Im Laufe der Jahre verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen Knochenaufbau und -abbau. Die Aktivität der Osteoblasten, der knochenbildenden Zellen, nimmt ab. Gleichzeitig arbeiten die knochenabbauenden Osteoklasten stärker.
„Wir können den Alterungsprozess zwar nicht stoppen, aber wir können Knochen stärken – durch Bewegung, die richtige Ernährung und gezielte Medikamente“, erklärt Wu. Kalzium und Vitamin D würden dabei eine Schlüsselrolle spielen. Kalzium verleiht den Knochen Festigkeit und Vitamin D sorgt dafür, dass der Körper es aufnehmen kann.
Training als Medizin
Bewegung ist eine der effektivsten Maßnahmen, um Knochenabbau vorzubeugen. Besonders kraftbetonte Übungen regen die Knochenzellen dazu an, neue Substanz aufzubauen.
Daher empfiehlt Wu zwei- bis dreimal pro Woche gezieltes Krafttraining. Für Ältere gilt zudem: Übungen für Gleichgewicht und Koordination helfen, Stürze – und damit Frakturen – zu vermeiden.

Osteoporose ist tückisch, weil Betroffene meist nichts spüren, bis es zu spät ist. Erst sogenannte Fragilitätsfrakturen, etwa nach einem leichten Sturz, machen die Krankheit sichtbar. Häufig betroffen sind Hüfte, Wirbelsäule und Handgelenk. Ein weiteres Warnsignal ist ein messbarer Verlust an Körpergröße.
Doch auch Männer seien gefährdet, sagt Wu: „Osteoporose ist unterdiagnostiziert und unterbehandelt bei Männern.“
Blockieren oder Aufbauen
Die Behandlungsmöglichkeiten lassen sich grob in zwei Richtungen einteilen. Zum einen gibt es Medikamente, die den Knochenabbau hemmen. Sie sind weit verbreitet und wirken zuverlässig. Zum anderen existieren anabole Wirkstoffe, die Knochenaufbau anregen.
Doch hier besteht eine Hürde, sagt Wu. Die Mittel müssen per Spritze verabreicht werden, oft täglich oder monatlich. Zudem verlieren sie nach ein bis zwei Jahren ihre Wirkung.
Besonders komplex wird die Situation bei Krebspatientinnen, die hormonblockierende Therapien erhalten. Die lebensrettenden Behandlungen entziehen dem Körper allerdings Östrogen – ein Hormon, das auch für stabile Knochen wichtig ist.

Das sei ein echtes Dilemma, so die Forscherin. Einerseits verhindere die Therapie Rückfälle, andererseits beschleunige sie den Knochenabbau. Hier griffen Ärztinnen häufig zu antiresorptiven Medikamenten, die den Knochenabbau bremsen. Darum erforscht Wus Team, wie sich die Knochensubstanz bei Krebs schützen lässt.
Hautzellen werden zu Knochenzellen
Ein besonders spannender Forschungsansatz ihres Labors betrifft die direkte Umwandlung von Hautzellen in Knochenzellen. Bisherige Methoden, aus Stammzellen Osteoblasten zu erzeugen, waren langwierig und ineffizient.
Die Hoffnung der Forschenden ist groß. Mit einer verlässlichen Quelle neuer Knochenzellen könnten nicht nur Therapien für Frakturen oder Tumorschäden entstehen, sondern auch neue Medikamente im Labor getestet werden.
Ratschläge für den Alltag
Am Ende bleibt die Prävention der wichtigste Hebel. Wu empfiehlt ausreichend Kalzium und Vitamin D, regelmäßige Bewegung – und ein sicheres Zuhause. Lose Teppiche, schlechte Beleuchtung oder instabiles Schuhwerk würden zu den größten Risikofaktoren für Stürze gehören, so die Forscherin.
Damit rückt die Vision einer Zukunft in Reichweite, in der Menschen länger mobil bleiben – dank gesunder Knochen, die mehr sind als nur unser Gerüst.
Quellenhinweis:
Stanford School of Engineering: The future of bone health. The Future of Everything Podcast, September 5, 2025.