CERN kündigt 90,7 km langen Teilchenbeschleuniger an, der die Physik revolutionieren könnte

Der neue Teilchenbeschleuniger des CERN, der Future Circular Collider (FCC), soll dreimal so groß werden wie der alte Large Hadron Collider (LHC). Nun wurde die Machbarkeitsstudie zu dem Projekt beendet.

Künstlerische Darstellung des Tunnels für den FCC-hh (Proton-Proton-Collider)
Künstlerische Darstellung des Tunnels für den FCC-hh (Proton-Proton-Kollider). Bild: PIXELRISE

Nach mehreren Jahren konnten CERN und internationale Partner eine Machbarkeitsstudie zum neuen Future Circular Collider (FCC) abschließen. Über tausend Physiker und Ingenieure aus aller Welt waren an der Studie beteiligt.

Der Future Circular Collider (FCC) ist ein geplanter Teilchenbeschleuniger, der in den 2040er Jahren den derzeitigen Large Hadron Collider (LHC) ablösen könnte. Die wissenschaftliche Motivation für den Neubau ergibt sich aus der Entdeckung des Higgs-Bosons im Jahr 2012 sowie aus offenen Fragen der Grundlagenphysik.

Während der Large Hadron Collider (LHC) in Genf nur rund 27 Kilometer lang ist und sich in 100 Metern Tiefe befindet, soll der neue FCC 90,7 Kilometer lang werden, in einer Tiefe von 200 Metern liegen und über acht Oberflächenstandorten und vier Experimentstandorte verfügen. Einhundert Szenarien wurden entwickelt und analysiert, bevor man sich auf diese Option einigte.

Der Machbarkeitsbericht wird noch von verschiedenen Expertengremien geprüft, bevor er auf einer Sondersitzung des CERN-Rats im November 2025 erörtert wird. Voraussichtlich im Jahr 2028 wird über die Fortsetzung des FCC-Projekts entschieden.

15 Milliarden Schweizer Franken vom CERN

Das FCC-Forschungsprogramm sieht zwei mögliche Phasen vor: einen Elektron-Positron-Collider, der besonders viele Higgs- und elektroschwache Teilchen sowie Top-Quarks erzeugen soll und bei verschiedenen Schwerpunktsenergien betrieben wird, gefolgt von einem Proton-Proton-Collider, der bei einer beispiellosen Kollisionsenergie von etwa 100 TeV betrieben wird.

Karte mit der bevorzugten Platzierung für den FCC
Karte mit der bevorzugten Platzierung für den FCC. Bild: CERN

Wichtige Schwerpunkte der FCC-Machbarkeitsstudie waren Gestaltung und Platzierung des Collider-Rings mit der zugehörigen Infrastruktur. Durch die Untersuchung sollte der wissenschaftliche Nutzen maximiert und das Projekt gleichzeitig territorial eingepasst werden. Umwelt- und Baubeschränkungen sowie Kosten wurden vorkalkuliert.

Der Bau des Elektron-Positron-Colliders, inklusive Tunnel und Infrastruktur, soll 15 Milliarden Schweizer Franken (ca. 16,18 Milliarden Euro) kosten. Der Bau soll in den frühen 2030er Jahren beginnen, die Bauzeit soll etwa 12 Jahre betragen. Die Investition umfasst den Tunnelbau, technische Anlagen, die Beschleuniger für Elektronen und Positronen sowie vier Detektoren für die Forschung. Wie schon beim Bau des LHC soll CERN den größten Teil der Kosten tragen.

Funktionsweise von Teilchenbeschleunigern am Beispiel des LHC

Teilchenbeschleuniger sind Geräte, die geladene Teilchen wie Elektronen, Protonen oder Ionen mithilfe von magnetischen oder elektrischen Feldern auf sehr hohe Geschwindigkeiten bringen. Dabei werden zunächst geladene Teilchen erzeugt, beispielsweise Protonen aus einer Wasserstoffquelle.

Künstlerische Darstellung eines FCC-ee-Detektors (für die Phase des Elektron-Positron-Colliders)
Künstlerische Darstellung eines FCC-ee-Detektors (für die Phase des Elektron-Positron-Colliders). Bild: Polar Media

Hierbei wird ein Wasserstoffgas, bei dem Wasserstoffatome noch aus Protonen und Elektronen besteht, in einer sogenannten Ionisationskammer ionisiert, die Elektronen werden von den Protonen getrennt. Durch elektrische Felder wird ein Strahl einzelner Protonen extrahiert, die man beschleunigen will.

Bevor die Teilchen in den Hauptbeschleuniger eingespeist werden, durchlaufen sie eine Kette anderer Beschleuniger. Beim LHC besteht diese Kette beispielsweise aus dem Linearbeschleuniger Linac, der Protonen in einer geraden Röhre auf 50 MeV beschleunigt. Anschließend werden die Teilchen im ringförmigen Booster auf 1,4 GeV beschleunigt. Es folgen das Proton Synchroton (PS) und Super Proton Synchroton (SPS), wobei die Energien auf etwa 450 GeV erhöht werden.

Die Einspeisung in den LHC erfolgt mittels winziger Teilchenpakete, wobei die Teilchen in Form von Bunches (Pakete mit Millionen Protonen) in die zwei gegenläufigen Ringe des LHC injiziert werden. Spezielle Kickermagneten lenken die Pakete auf die LHC-Bahn.

In den zwei gegenläufigen Röhren des LHC werden die Teilchen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und vor den Kollisionen auf wenige Mikrometer Breite verdichtet. In den Detektoren überkreuzen sich die Strahlen und kollidieren dort. Spuren und Zerfallsprodukte werden aufgezeichnet.

Durch die Kollisionen will man einerseits neue Teilchen entdecken, wie das Higgs-Boson, Theorien testen, etwa das Standardmodell oder neue Ansätze wie Supersymmetrie, Extrembedingungen erzeugen, etwa wie kurz nach dem Urknall, und unbekannte Phänomene finden, z. B. Hinweise auf Dunkle Materie oder extradimensionale Effekte.