Die womöglich schönste Wasserleitung der Welt befindet sich im Herzen Spaniens

Römer, Ferkel und ein Märchenschloss: Diese Stadt in Kastilien birgt viele Wunder. Das größte ist ein Bauwerk aus der Antike, das noch bis vor 50 Jahren genutzt wurde.

Segovia
Ingenieurskunst aus der Antike: Der Aquädukt ist 2000 Jahre alt. Foto: Pixabay

Alle viere von sich gestreckt, liegen die in Ziegelöfen auf Buchenscheiten dunkel gerösteten Spanferkel bäuchlings auf den Servierwagen. Der Chefkoch greift zu einem Teller, lässt ihn kurz in der Luft verharren und dann auf den Rücken des gebratenen Ferkels niedersausen - die traditionelle und durchaus wirksame Art, das zarte Fleisch zu portionieren.

Zwischen mildem Grauen und Speichelfluss

Die ausschließlich mit Milch ernährten, drei bis vier Wochen alten Ferkel gehören zu den Spezialitäten, für die Segóvia berühmt ist. Viele der Restaurants der Stadt stellen ihre zarten Spanferkel stolz in Schaufenstern und geöffneten Küchen aus – was bei den Gästen je nach Disposition und Ernährungsgewohnheiten beständigen Speichelfluss oder mildes Grauen auslöst.

Die Küche Kastiliens ist so nahrhaft wie das Land karg. Im Sommer brennt die Sonne auf die weite Hochebene, die am Rande der Sierra de Guadarrama beginnt. Im Winter kann knackige Kälte jeden Gedanken an Spaniens bevorzugte Lage im Süden Europas vergessen lassen.

Weltkulturerbe vor Gipfelkulisse

Wie ein Traumbild erscheint die Silhouette von Segóvia dann vor schneeüberpuderten Gipfeln auf. Das historische Zentrum, das die UNESCO mit dem römischen Aquädukt der Stadt zum Weltkulturerbe zählt, hat sich über Jahrhunderte kaum verändert.

Rund 2000 Jahre ist es her, dass die Römer sich der Mühe unterzogen, den über 800 Meter langen Aquädukt zu erbauen. Sie gingen mit der ihnen eigenen Gründlichkeit vor: Ohne Mörtel schichteten sie die Granitquader zu 163 doppelstöckigen und bis zu 28,5 Meter hohen Bögen aufeinander.

Die Leitung aus der Antike bringt Wasser aus den Bergen

Die Konstruktion erwies sich als so haltbar, dass sie noch 1974 Wasser aus den 17 Kilometer entfernten Bergen der Sierra de Fuenfría in die Stadt transportierte und bis heute vollständig erhalten ist.

Das wohl spektakulärste Bauwerk der Römer in Spanien ist zugleich das einzige, das sie in Segóvia hinterließen. Vermutlich liegt das daran, dass die Stadt für sie nur ein militärischer Stützpunkt war. Lustbarkeiten wie Spiele und Theater waren hier offenbar nicht vorgesehen.

Alcazar
Der Alcazar von Segóvia kann heute besichtigt werden. Foto: Pixabay

Die strategische Lage Segóvias im Herzen der Iberischen Halbinsel sorgte allerdings dafür, dass ihre Ansiedlung im 11. Jahrhundert wieder zu einem bedeutenden Zentrum wurde. Im Zuge der Rückeroberung Spaniens von den Mauren griffen sich die Christen dieses Fleckchen Erde, das sich von einem schmalen Steilriff aus gut verteidigen ließ.

Eine Ritterburg wie aus einem Disney-Film

Dort erhebt sich noch heute der Alcázar, die königliche Burg. Mit Schieferdächern, Zinnen und Türmen erinnert sie ein wenig an die Disney-Version einer Burg – eine Folge der Restaurierung von 1862, als man das Jagdschloss der kastilischen Könige nach einer Feuersbrunst dem romantisierenden Zeitgeschmack entsprechend wiederaufbaute.