Was Trümmerscheiben über Planeten verraten – große Sammlung junger Sterne veröffentlicht

Neue Aufnahmen zeigen die früheste Phase der Planetenentstehung, die auch unser eigenes Sonnensystem vor Milliarden Jahren durchlaufen hat. An den sogenannten Trümmerscheiben fallen besondere Muster auf, welche auf verborgene Planeten hindeuten könnten.

Bilder der polarisierten Intensität des Streulichts von Trümmerringen, aufgenommen mit IRDIS, IFS oder ZIMPOL. Der weiße Balken am unteren Rand jedes Bildes entspricht 1 Bogensekunde, mit Ausnahme von HD 98800, wo er 0,5 entspricht.
Bilder der polarisierten Intensität des Streulichts von Trümmerringen, aufgenommen mit IRDIS, IFS oder ZIMPOL. Der weiße Balken am unteren Rand jedes Bildes entspricht 1 Bogensekunde, mit Ausnahme von HD 98800, wo er 0,5 entspricht. Bild: Engler et al., 2025/SPHERE Consortium/ESO

Eine nun veröffentlichte Sammlung hochauflösender Bilder zeigt Trümmerscheiben um junge Sterne, bei denen sich die Planetensysteme gerade erst bilden. Astronomen hoffen, anhand der Daten besser untersuchen zu können, wie Planeten entstehen. Die Galerie basiert auf Daten des SPHERE-Instruments am Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte.

Planeten entstehen, wenn sich in protoplanetaren Scheiben aus Gas und Staub Materie zusammenlagert. Durch Kollisionen wachsen Klumpen zu Planetesimalen, die weiter Materie anziehen. Schließlich bilden sich durch Gravitation stabile, runde Himmelskörper auf festen Umlaufbahnen.

Insgesamt wurden Beobachtungen von 161 nahen, jungen Sternen ausgewertet, die bereits durch auffällige Infrarotemissionen auf Trümmerscheiben hindeuteten. „In 51 Fällen konnten wir ein Bild der Scheiben erstellen“, erklärt Erstautorin Natalia Engler von der ETH Zürich. Die Bilder zeigten Trümmerscheiben mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften, „einige kleiner, andere größer, einige von der Seite gesehen und andere fast frontal – und einer beträchtlichen Vielfalt an Ringstrukturen.“ Vier der Scheiben seien noch nie zuvor abgebildet worden.

Wie Planeten sichtbar gemacht werden

Die Scheiben bestehen aus Staub, der in großen Mengen entsteht, wenn kilometer­große Planetesimale kollidieren. Solche Kleinkörper ähneln den Asteroiden und Kometen des Sonnensystems – das sind Überreste jener Baustoffe, aus denen einst Planeten hervorgegangen sind. Gaël Chauvin vom Max-Planck-Institut für Astronomie unterstreicht den Wert der Sammlung.

Dieser Datensatz ist ein astronomischer Schatz. Er bietet außergewöhnliche Einblicke in die Eigenschaften von Trümmerscheiben und ermöglicht Rückschlüsse auf kleinere Körper wie Asteroiden und Kometen in diesen Systemen, die auf direktem Wege nicht zu beobachten sind.

Dass solche Strukturen überhaupt sichtbar werden, ist lediglich mit hochspezialisierter Technik möglich. Der Stern selbst überstrahlt die schwachen Staubwolken normalerweise vollständig. SPHERE setzt daher einen Koronografen ein, der das gleißende Sternenlicht abblockt, ähnlich wie eine Hand, die man gegen die Sonne hält.

Trümmerring um den Stern HR 4796, detailreiche Aufnahme mit SPHERE.
Trümmerring um den Stern HR 4796, detailreiche Aufnahme mit SPHERE. Bild: Engler et al., 2025/SPHERE Consortium/ESO

Gleichzeitig korrigiert das Instrument mit extremer adaptiver Optik die atmosphärische Verzerrung des Lichts in Echtzeit. Zudem kann polarisiertes Licht isoliert werden, das vor allem von Staubpartikeln reflektiert wird. Erst durch die Kombination gelingt es, das feine Leuchten der Trümmerscheiben sichtbar zu machen.

Gravitationsmuster durch Riesenplaneten

Die Auswertung der 51 Aufnahmen bestätigt, dass es auffällige Muster gibt: Je massereicher ein junger Stern, desto größer und materialreicher fällt meist auch seine Trümmerscheibe aus. Ebenfalls interessant sind die konzentrischen Muster vieler Scheiben – scharf abgegrenzte Ringe, in denen sich das Material konzentriert, während angrenzende Regionen beinahe leer erscheinen.

Eine ähnliche Architektur kennt man aus dem Sonnensystem, bei dem sich Kleinkörper vor allem im Asteroidengürtel und im Kuipergürtel befinden. Forschende führen das auf die gravitative Wirkung von Planeten zurück, insbesondere von Riesenplaneten, die ihre Umlaufbahn regelrecht freiräumen.

„Es scheint schlichtweg unmöglich, anhand von Bildern direkte Hinweise auf Kleinkörper in einem fernen Planetensystem zu finden. Und auch die indirekten Methoden zum Nachweis von Exoplaneten sind keine Hilfe.“

– Dr. Julien Milli, Astronom, Universität Grenoble Alpes, Mitautor der Studie

In einigen Systemen sind die verursachenden Riesenplaneten bereits bekannt, in anderen lassen scharf geschnittene Innenkanten oder asymmetrische Staubverteilungen auf bisher unentdeckte Welten schließen. Die SPHERE-Galerie liefert damit eine Liste vielversprechender Ziele für das James-Webb-Teleskop oder kommende Observatorien wie das Extremely Large Telescope in Chile.

So wird aus den feinen Staubschleiern junger Sterne ein Wegweiser zu neuen Planeten – und zu einem tieferen Verständnis der kosmischen Mechanismen, die auch unsere Erde hervorgebracht haben.

Quellenhinweis:

N. Engler et al. (2025): Characterization of debris disks observed with SPHERE. Astronomy & Astrophysics.