Plejaden: Die Sieben Schwestern bekommen tausende verschollene Geschwister dazu
Seit Ewigkeiten wird die als „Sieben Schwestern“ bezeichnete Sterngruppe für einen losen Sternverbund gehalten. Nun konnten Astronomen nachweisen, dass zu den Plejaden mehr als 3000 Sterne gehören. Möglich wurde das durch die Rotationsgeschwindigkeit der Sterne.

Seit Jahrtausenden blicken Menschen staunend auf die Plejaden, jene dicht gedrängte Gruppe sieben heller Sterne, die schon im Alten Testament erwähnt wurde. Die berühmten Sieben Schwestern wirken am Himmel zwar wie eine kompakte, überschaubare Sternfamilie, nach neuesten Erkenntnissen sind sie jedoch nur der leuchtende Kern eines weit größeren Komplexes.
Sterne werden meist in gewaltigen Molekülwolken geboren, oft in dichten Gruppen. Einige Millionen Jahre lang besteht ein enger Familienverband, dann lösen sich die Systeme allmählich auf. Ihre Mitglieder treiben auseinander, verteilen sich über hunderte Lichtjahre und verlieren ihre sichtbare Zusammengehörigkeit. Nach rund 100 Millionen Jahren – genau so alt sind die Plejaden – wird es extrem schwierig, die Geschwister zu identifizieren.
Von rotierenden Sternen
Andrew Boyle, Doktorand an der University of North Carolina at Chapel Hill, entwickelte mit seinem Team einen neuen Ansatz, um die Spur dennoch aufzunehmen. Dabei nutzten die Forschenden die Rotation der Sterne, um deren Alter zu bestimmen: Junge Sterne drehen sich schnell, ältere verlangsamen ihre Rotation im Laufe der Zeit durch magnetische Abbremsung. Sterne, die gemeinsam entstanden sind, sollten daher ähnliche Rotationsraten besitzen.
– Andrew Boyle, Doktorand, University of North Carolina at Chapel Hill
Um die Alterssignatur herauszufinden, kombinierten die Forschenden Messdaten zweier Raumsonden miteinander: den Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) der NASA mit den Positions- und Bewegungsmessungen der Gaia-Mission der ESA. Ergänzt wurden die Daten durch chemische Analysen des Sloan Digital Sky Survey. Die Studie wurde in The Astrophysical Journal veröffentlicht.
Die Ergebnisse sprechen für ein riesiges Sternsystem, das die Forschenden Greater Pleiades Complex nennen. Insgesamt 3091 Sterne verteilen sich über mehr als 600 Parsec – das entspricht über 1900 Lichtjahren. Sie gehören zu mindestens drei, möglicherweise fünf bekannten Sterngruppen, die alle derselben ursprünglichen Sternentstehungsregion entstammen.
Sterne desselben Ursprungs
Simulationen der Sternbewegungen rückwärts in der Zeit bestätigten das: Vor rund 100 Millionen Jahren lagen die heute weit verstreuten Sterne noch dicht beieinander. Sie müssen also aus derselben gigantischen Molekülwolke hervorgegangen sein.
Die Methode, bei der Rotation und Kinematik gemeinsam ausgewertet werden, dürfte das Verständnis vieler weiterer Sternpopulationen verändern. Schon jetzt deutet sich an, dass zahlreiche Sterne in der Sonnenumgebung Teil ausgedehnter, bisher unerkannter Familien sind.
Die Technik könnte sogar helfen, die Ursprünge der Sonne zu rekonstruieren. Denn auch sie entstammt einem Sternhaufen, der vermutlich längst zerfallen ist. Dessen Mitglieder dürften heute über die ganze Galaxie verstreut sein. Durch die rotationsbasierte Berechnung des Sternalters könnten Astronomen die verlorenen Geschwister der Sonne ermitteln und sogar rekonstruieren, wie unser Sonnensystem entstanden ist.
Quellenhinweis:
Boyle, A. W., Bouma, L. G., & Mann, A. W. (2025): Lost Sisters Found: TESS and Gaia Reveal a Dissolving Pleiades Complex. The Astrophysical Journal, 994, 24.