Eisstrukturen im All: Aus welchem Eis bestehen die berühmten Eismonde? Forschern gelingt entscheidender Durchbruch

Einige Himmelskörper bestehen komplett aus Eis, etwa die Jupitermonde Ganymed und Europa. Forscher haben nun entscheidende Fortschritte erzielt, um deren Oberfläche und physikalische Beschaffenheit besser bestimmen zu können.

Jupitermond Europa
Der Jupitermond Europa ist von einem kilometerdicken Eispanzer umhüllt. Bild: NASA/JPL-Caltech/SETI Institute

Schon seit Langem vermuten Wissenschaftler, dass die Geologie von Eismonden mit den physikalischen Eigenschaften von Eis zusammenhängt. Doch bisherige Messtechniken wie die Neutronenbeugung waren für den Einsatz im All nicht geeignet.

Ein Eismond ist ein natürlicher Satellit, dessen Oberfläche größtenteils aus Wassereis besteht. Viele Eismonde, wie Europa, Ganymed oder Enceladus, besitzen unterirdische Ozeane und

gelten potenziell als Orte außerirdischen Lebens.

Nun haben Astronomen der Universität Innsbruck eine Methode entwickelt, mit der sie die innere Struktur von Wassereis auf fernen Himmelskörpern erstmals zuverlässig aus der Ferne analysieren können. Der Erfolg wurde mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIR oder NIRS) erzielt, mit der die Strahlung astronomischer Objekte untersucht werden kann, wodurch sich auf deren chemische Zusammensetzung, Temperatur oder Bewegung schließen lässt.

„Unsere Arbeit zeigt, dass die Nahinfrarotspektroskopie eine verlässliche Methode ist, um die Struktur von Wassereis aus der Ferne zu analysieren“, erklärt Thomas Lörting vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Innsbruck. Die neue Technik unterscheidet geordnete und ungeordnete Strukturen von Wasserstoffatomen im Eis – die Unterscheidung war bisher nur schwer messbar.

Geordnetes vs. ungeordnetes Eis

Gefrorenes Wasser ist weit verbreitet im Sonnensystem, es spielt aber auch eine wichtige Rolle bei der Suche nach außerirdischem Leben. Doch Eis ist nicht gleich Eis: Es existieren über 20 kristalline Formen, die sich je nach Temperatur, Druck und der Anordnung der Atome unterscheiden.

Jupitermond Europa
Ein Gebiet mit Lineae, Domes und dunklen Flecken auf dem Eismond Europa, der Ausschnitt ist 140x130 Kilometer groß. Bild: NASA/JPL/Arizona State University

Wenn Wasser gefriert und kristallisiert, ordnen sich die Sauerstoffatome in gleichmäßigen Mustern an, die Wasserstoffatome bleiben jedoch ungeordnet – bei tieferen Temperaturen richten sich die Wasserdipole allerdings aus, was die mechanischen und dielektrischen Eigenschaften des Eises grundlegend verändert.

In ihrer aktuellen Studie, die in den Physical Review Letters veröffentlicht wurde, konzentrierte sich das Team auf die Eisphasen V und XIII, die exemplarisch für ungeordnete und geordnete Wasserstoffverteilungen stehen. In Zusammenarbeit mit Christian Huck, Spezialist für Nahinfrarotspektroskopie am Institut für Analytische Chemie und Radiochemie, konnten die Forschenden die charakteristischen Schwingungen der Moleküle analysieren.

„Die Unterscheidung zwischen geordnetem und ungeordnetem Eis liefert wertvolle Informationen über die Temperatur- und Druckbedingungen, unter denen das Eis entstanden ist.“

– Christina M. Tonauer, Universität Innsbruck, Erstautorin der Studie

Damit kann die thermische und geologische Vergangenheit von Eismonden wie Ganymed, Europa oder dem Saturnmond Enceladus besser rekonstruiert werden.

Saturnmond Enceladus
Der Saturnmond Enceladus aufgenommen von der Raumsonde Cassini am 28. Oktober 2015. Bild: NASA/JPL

Die neuen Erkenntnisse könnten schon bald praktisch angewendet werden: Instrumente wie das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) oder die ESA-Mission JUICE (Jupiter Icy Moons Explorer), die ab 2031 den Jupiter und seine Monde untersucht, könnten die Innsbrucker Referenzdaten nutzen, um die Eisphasen auf den Oberflächen genauer zu bestimmen.

„Unsere Arbeit legt den Grundstein für die Analyse von Eisphasen in Weltraumbeobachtungsdaten.“

– Thomas Lörting, Institut für Physikalische Chemie an der Universität Innsbruck

Bisher verborgene Prozesse wie Kryovulkanismus oder tektonische Aktivität könnten mit den Daten sichtbar gemacht werden – solche Phänomene spielen sich im Inneren der Monde ab.

Langfristig will das Team die Spektraldaten auf weitere Eisformen und Temperaturbereiche ausweiten. Ziel ist es, bisherige Weltraumbeobachtungen zu verbessern und auch seltene Eisphasen in unterschiedlichen Umgebungen nachweisen zu können.

„Die Charakterisierung von Oberflächeneis bietet uns auch ein Fenster in die inneren Dynamiken dieser Welten“, fasst Thomas Lörting vom Institut für Physikalische Chemie an der Universität Innsbruck zusammen – ein erster Ausblick auf die künftige Erforschung des Sonnensystems.

Quellenhinweis:

Tonauer, C. M., Köck, E.-M., Henn, R., Kappacher, C., Huck, C. W., & Loerting, T. (2025): Near-Infrared Spectroscopic Sensing of Hydrogen Order in Ice XIII. Physical Review Letters.