Ein kosmisches Rätsel: Astronomen beobachten noch nie dagewesenen Gammastrahlenblitz

Astronomen haben eine ungewöhnliche Beobachtung am Nachthimmel gemacht: Ein einzigartiger Gammastrahlenblitz wiederholte sich gleich drei Mal. Das sei eigentlich unmöglich, sagen Experten, weil Gammastrahlenausbrüche nur durch zerstörerische Explosionen zustande kommen. Was also könnte der Grund dafür sein?

GRB 250702B war ein ungewöhnlich langlebiger und sich wiederholender Gammablitz.
GRB 250702B war ein ungewöhnlich langlebiger und sich wiederholender Gammablitz. Bild: ESO/A. Levan, A. Martin-Carrillo et al.

Eine jüngste Entdeckung eines Gammastrahlenblitzes bringt bisherige Vorstellung über kosmische Explosionen ins Wanken. Eine internationale Forschergruppe registrierte im All eine Serie von Gammastrahlenausbrüchen, die sich innerhalb von 24 Stunden gleich mehrfach wiederholte. Ein solches Phänomen wurde zuvor noch nie beobachtet.

Gammastrahlenausbrüche (Gamma-ray bursts, GRBs) gehören zu den heftigsten Explosionen im Universum. Sie entstehen, wenn massereiche Sterne am Ende ihres Lebens kollabieren oder durch Schwarze Löcher auseinandergerissen werden.

Bei einem Gammastrahlenausbruch werden ungeheure Energiemengen freigesetzt – bei einer Dauer von meist nur Sekunden bis Minuten. Der neu entdeckte GRB mit der Bezeichnung GRB 250702B widersetzt sich jedoch der Regel: Er war fast einen ganzen Tag lang aktiv und damit „100- bis 1000-mal länger als die meisten GRBs“, erklärt Andrew Levan, Astronom an der Radboud University in den Niederlanden.

Drei Ausbrüche derselben Quelle

Besonders irritierend ist die Wiederholung des Signals. „Noch wichtiger ist, dass sich Gammastrahlenausbrüche nie wiederholen, da das Ereignis, das sie hervorruft, zerstörerisch ist“, erklärt Antonio Martin-Carrillo vom University College Dublin, Mitautor einer Studie, die kürzlich in The Astrophysical Journal Letters dazu veröffentlicht wurde.

Dennoch registrierte das NASA-Weltraumteleskop Fermi am 2. Juli nicht nur einen, sondern gleich drei Ausbrüche derselben Quelle. Auch die chinesisch-europäische Einstein-Sonde hatte bereits Stunden zuvor Hinweise auf Aktivität gefunden. Ein solches Muster war bisher beispiellos.

Oben: GRB 250702B, aufgenommen mit dem VLT/HAWK-I. Das Bild zeigt die extrem rote Farbe des Transienten. Unten links: Vergrößerter Ausschnitt nach 5,737 Tagen, aufgenommen mit HAWK-I. Unten rechts: Die HST-Aufnahme zeigt deutlich die ausgedehnte Quelle.
Oben: GRB 250702B, aufgenommen mit dem VLT/HAWK-I. Das Bild zeigt die extrem rote Farbe des Transienten. Unten links: Vergrößerter Ausschnitt nach 5,737 Tagen, aufgenommen mit HAWK-I. Unten rechts: Die HST-Aufnahme zeigt deutlich die ausgedehnte Quelle. Bild: Levan et al., 2025

Zunächst vermuteten viele Astronominnen und Astronomen, die Quelle müsse innerhalb der Milchstraße liegen, da das Signal in deren Richtung aufschien. Doch die Lokalisierung mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte führte zu einer überraschenden Wende.

„Vor diesen Beobachtungen war man in der Fachwelt allgemein der Meinung, dass dieser GRB aus unserer Galaxie stammen müsse. Das VLT hat diese Ansicht grundlegend verändert.“

– Andrew Levan, Astronom an der Radboud University in den Niederlanden

Die HAWK-I-Kamera des VLT lieferte Indizien dafür, dass der Ursprung in einer weit entfernten Galaxie zu suchen ist. Das Hubble-Weltraumteleskop bestätigte das später. „Was wir entdeckt haben, war noch viel spannender: Die Tatsache, dass dieses Objekt extragalaktisch ist, bedeutet, dass es wesentlich leistungsstärker ist“, erklärt Martin-Carrillo. Die Helligkeit und Größe der Wirtsgalaxie deuten darauf hin, dass sie Milliarden Lichtjahre entfernt liegt. Um die Distanz genau bestimmen zu können, sind jedoch noch weitere Beobachtungen nötig.

Was war der Grund für den Ausbruch?

Über die Ursache der Explosion sind die Fachleute uneins. Eine Möglichkeit ist der Kollaps eines außergewöhnlich massereichen Sterns. Doch in einem solchen Fall müsste der Ausbruch innerhalb weniger Sekunden enden. „Wenn es sich um einen massereichen Stern handelt, ist dies ein Zusammenbruch, wie wir ihn noch nie zuvor gesehen haben“, sagt Levan. Eine andere Hypothese lautet, dass ein Stern von einem Schwarzen Loch verschlungen wurde. Allerdings müssten sowohl der Stern als auch das Schwarze Loch ungewöhnliche Eigenschaften aufweisen, um die beobachteten Signale zu erklären.

Korrelationsdiagramme und Dichtefunktionen im Nachleuchtmodell.
Korrelationsdiagramme und Dichtefunktionen im Nachleuchtmodell. Bild: Levan et al., 2025

Um dem wahren Ursprung auf die Spur zu kommen, verfolgen die Forschenden die Nachwirkungen des Ereignisses mit einer ganzen Reihe modernster Instrumente. Neben dem VLT-Spektrografen X-shooter kommen auch das James-Webb-Weltraumteleskop sowie weitere Observatorien zum Einsatz.

Noch sind viele Fragen offen, doch für die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist die Entdeckung ein Meilenstein. „Wir sind uns bislang nicht sicher, was dies verursacht hat, aber mit dieser Untersuchung sind wir dem Verständnis dieses äußerst ungewöhnlichen und spannenden Objekts einen großen Schritt näher gekommen“, fasst Martin-Carrillo zusammen.

Quellenhinweis:

Andrew J. Levan et al. (2025): The day long, repeating GRB 250702B: A unique extragalactic transient. The Astrophysical Journal Letters, 990, L28.