Dämpfer für die Sonne: Bremsen unsere Planeten die Sonnenaktivität? Astronomen machen erstaunliche Entdeckung
Sonnenstürme führen regelmäßig dazu, dass Satelliten ausfallen oder Schaden nehmen. Auch irdische Technologien können von der Sonnenstrahlung beeinträchtigt werden. Lange war unklar, welche Faktoren die Sonnenaktivität steuern, doch Dresdener Forschende könnten nun eine Ursache dafür gefunden haben.

Unsere Sonne verhält sich im Vergleich zu ähnlichen Sternen auffällig ruhig. Forschende vermuten jetzt, dass die Planeten unseres Sonnensystems der Grund dafür sind. Ein neues Modell zeigt, dass die Gezeitenkräfte der Planeten die Aktivitätszyklen der Sonne beeinflussen und sogar dämpfen könnten.
Auch wenn sich die Sonne aktuell nahe an ihrem Aktivitätsmaximum befindet, bleiben dennoch die stärksten Strahlungsausbrüche deutlich schwächer als die anderer sonnenähnlicher Sterne – bis zu hundertmal abgeschwächt, wie nun Forschende des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) herausgefunden haben.
Die vergleichsweise ruhige Sonnenumgebung könnte eine wichtige Voraussetzung für das Leben auf der Erde sein. Unsere Sonne ist etwa fünfmal weniger magnetisch aktiv als andere sonnenähnliche Sterne, und damit praktisch ein Spezialfall. Die Frage, warum das so ist, treibt Sonnenphysiker und -physikerinnen seit Langem um.
Ein Modell für viele Zyklen
Die Sonnenaktivität folgt verschiedenen Zyklen mit sehr unterschiedlichen Längen, von wenigen hundert Tagen bis hin zu mehreren tausend Jahren. Die physikalischen Ursachen dieser Muster sind bisher nicht vollständig verstanden. Das Team um Frank Stefani vom Institut für Fluiddynamik am HZDR hat darum einen neuen Ansatz entwickelt, der von den Planeten unseres Sonnensystems als Taktgeber ausgeht.
Demnach wirken Venus, Erde und Jupiter durch ihre Gezeitenkräfte etwa alle elf Jahre gemeinsam auf die Sonne ein. Diese Kräfte geben dem magnetischen Antrieb der Sonne jeweils einen kleinen Schubs. Kombiniert mit der besonderen rosettenförmigen Bahnbewegung der Sonne entstehen so verschiedene überlagerte Perioden, die genau den beobachteten Zyklen der Sonnenaktivität entsprechen.
– Frank Stefani, Institut für Fluiddynamik, HZDR
Besonders spannend ist die etwa zweijährige Schwankung der Sonnenaktivität, die sogenannte Quasi Biennial Oscillation (QBO). Die Erscheinung lässt sich im Modell einer klaren Periode zuordnen und sorgt laut der Studie auch automatisch dafür, dass die Gesamtaktivität der Sonne gedämpft wird.
Getaktete solare Ereignisse
In der Wissenschaft wurden QBO-Perioden bisher meist im Bereich von 1,5 bis 1,8 Jahren verortet. Bereits frühere Forschungen hatten einen Zusammenhang zwischen dieser kurzen Schwankung und plötzlichen Anstiegen energiereicher Teilchenstrahlung an der Erdoberfläche festgestellt, ausgelöst durch Solarstürme, sogenannte Ground Level Enhancement-Ereignisse (GLEs).
„Entgegen der üblichen Annahme, dass diese Sonnenpartikel-Ausbrüche zufällige Phänomene sind, deutet diese Beobachtung auf einen zugrunde liegenden getakteten Prozess hin“, sagt Stefani.
Die Forschenden analysierten die Abfolge dieser Ereignisse erneut und fanden eine erstaunliche Übereinstimmung: Die höchste Korrelation ergab sich bei einer Periode von 1,724 Jahren – nahezu identisch mit dem Wert von 1,723 Jahren, den das Modell vorhersagt. „Wir gehen davon aus, dass es sich dabei um die QBO handelt“, so Stefani.
Wie die QBO die Sonnenaktivität drosselt
Das Sonnenmagnetfeld schwankt typischerweise in einem etwa elfjährigen Rhythmus zwischen einem Minimum und einem Maximum. Überlagert wird dieser Zyklus von der der zweijährigen Schwankung der Sonnenaktivität, der QBO, die der Magnetfeldstärke ein zusätzliches, kurzperiodisches Muster aufprägt. Das hat zur Folge, dass die Sonne nicht dauerhaft ihr maximales Magnetfeld hält.
Dadurch wird die Gesamtaktivität des Sonnenmagnetfelds gedämpft. Ein Häufigkeitsdiagramm zeigt zwei Spitzen – eine bei der maximalen Feldstärke und eine zweite beim Umschwingen des zweijährigen Sonnenaktivitätszyklus, was auch als Bimodalität des Sonnenmagnetfelds bezeichnet wird. Im Modell reduzieren diese zwei Spitzen die durchschnittliche Magnetfeldstärke deutlich.
Bleibt das Magnetfeld der Sonne jedoch über längere Zeiträume schwächer, sinkt die Wahrscheinlichkeit für derart extreme Ereignisse deutlich. Das Modell der HZDR-Forschenden zeigt somit nicht nur, wie die Planeten die Sonnenaktivität zyklisch steuern – es liefert auch eine plausible Erklärung dafür, warum unsere Sonne vergleichsweise ruhig bleibt.
Die Studie des HZDR erweitert unser Verständnis der Sonnenaktivität grundlegend. Die Planeten geben den natürlichen Takt vor und bewirken durch die Gezeitenkräfte verschiedene Aktivitätszyklen, die zuweilen auch die Sonnenaktivität dämpfen. Mit dem neuen Wissen könnten Sonnenstürme künftig besser vorhergesagt werden.
Quellenhinweis:
Stefani, F., Horstmann, G. M., Mamatsashvili, G., Weier, T. (2025): Adding Further Pieces to the Synchronization Puzzle: QBO, Bimodality, and Phase Jumps. Solar Physics.