Märchenhaft und abgelegen: Diese spanische Ritterstadt liegt fern der touristischen Routen
Sie hat sich seit dem 16. Jahrhundert nur wenig verändert und ist deshalb auch schon als Filmkulisse in Erscheinung getreten. Trotzdem ist diese UNESCO-Welterbe-Stadt im Westen Spaniens alles andere als überlaufen.

Über dem Torre de Bujaco, dem Festungsturm aus dem 12. Jahrhundert, der den mittelalterlichen Platz von Cáceres bewacht, segelt ein Storch durch die Luft. Sonst ist alles ruhig, wo am Abend zuvor noch die Luft brauste von den Stimmen der Studenten.
Eine der am besten erhaltenen Altstädte in Europa
In solchen Momenten ist leicht vorstellbar, dass bis zum Eintreffen der UNESCO-Behörde 1986 kaum jemand bemerkt hatte, dass sich hinter der maurischen Stadtmauer ein einzigartiges Ensemble von Häusern und Palästen aus dem 16. Jahrhundert verbarg – eine alte Ritterstadt und eines der am besten erhaltenen historischen Stadtzentren Europas.
Noch immer liegt die Altstadt von Cáceres im Dornröschenschlaf. Keine 400 Menschen leben innerhalb der Stadtmauern; einstmals waren es 6000. Die Häuser, in denen früher große Familien mit vielen Dienstboten lebten, sind zu groß; es gibt weder Geschäfte noch eine Schule. Dafür aber Kirchen, Klöster, Plätze und Paläste aus Mittelalter und Renaissance, die sich im Lauf der Jahrhunderte kaum verändert haben.
Etwas mehr als eine halbe Million Menschen besuchen die 100.000-Einwohner-Stadt in Spaniens entlegenem Westen im Jahr - das ist nicht viel im Vergleich zu den rund drei Millionen des nur 30 Autominuten von Madrid entfernten Toledo. Die Randlage, die für die langsame Entwicklung der Region Extremadura verantwortlich ist, ist aus konservatorischer Sicht ein Segen.
Rötelfalken und Weißstörche
Auch die Natur profitiert davon. Eine der größten Populationen der gefährdeten Rötelfalken lebt in der Region. Auffälliger als die hübschen kleinen Falken sind die Störche. Etwa 130.000 Nester gibt es in der Extremadura, 800 davon in Cáceres. Es sind dennoch weniger geworden. Jedes Nest wiegt zwischen 200 und 500 Kilogramm; wenn zehn davon auf dem Dach eines Hauses ruhen, ist die Belastung für die historische Bausubstanz groß. Daher wurden viele Nester entfernt und stattdessen einladende Masten außerhalb der Stadt errichtet.
Das Zentrum ist als Kulisse für Ritterfilme beliebt; Teile des Kostümschinkens „1492 – Die Eroberung des Paradieses“ über die Entdeckung Amerikas wurden hier gedreht. Doch selbst das scheinbar so authentisch erhaltene Stadtbild wurde im Lauf der Zeit beschädigt: 1755, als ein schweres Erdbeben das 300 Kilometer entfernte Lissabon zerstörte und noch hier Mauern reißen ließ, und im Bürgerkrieg. Cáceres, bis zum Februar 1937 Francos Hauptquartier, wurde im selben Jahr von Republikanern bombardiert. Doch die Schäden waren gering.
Von hier aus wurde Südamerika erobert
Von den Befestigungstürmen öffnet sich ein unendlicher Blick über die Ebene. Aussichtslos war es, sich Cáceres unbemerkt zu nähern. Das Porträt einer Aztekin in der Fassade des Bischofspalastes zeugt von der Rolle, die Söhne der Extremadura bei der Eroberung Südamerikas spielten. Andere Paläste zieren die Wappen der Familien, die sie einst bewohnten. In der Casa de los Golfinos, einem der schönsten Paläste der Altstadt, residierten einst die Katholischen Könige Ferdinand und Isabella bei ihren Besuchen in Cáceres.