Goldene Sünde am Karfreitag – Warum Struwen im Münsterland Pflicht sind!
Am stillen österlichen Karfreitag wird’s im Münsterland süß: Struwen, die goldbraunen Hefeküchlein mit Rosinen, sind hier Tradition – heiß geliebt, herzhaft zubereitet und himmlisch lecker.

Die Straßen sind ruhig, die Kirchtürme hallen vom stillen Geläut, und aus vielen Küchen duftet es nach Hefe und Butterschmalz – nach Struwen.
Diese kleinen Hefeküchlein, in der Pfanne goldbraun gebraten und mit Puderzucker bestäubt, gehören für viele Menschen im westfälischen Raum untrennbar zum Karfreitag dazu.
Doch was steckt hinter dieser liebgewonnenen Tradition, die heute wieder zunehmend gefeiert wird?
Historischer Ursprung: Fastenspeise mit Herz und Hand
Karfreitag ist in der christlichen Tradition ein Tag der Stille, des Gedenkens und – vor allem – des Verzichts. In katholisch geprägten Regionen wie dem Münsterland war es selbstverständlich, an diesem Tag kein Fleisch zu essen.
Aber auch wer fastet, muss arbeiten – und dazu braucht es Energie. Die Bäuerinnen des 18. und 19. Jahrhunderts bereiteten daher Struwen zu:
Die Rosinen gaben dem Ganzen eine besondere Note – und machten aus der Not eine kleine Köstlichkeit.
Der Name "Struwen" leitet sich möglicherweise vom niederdeutschen „struwen“ (verstrubbeln, unordentlich) ab, was auf die leicht unförmige Optik der Küchlein hinweist.
Die „wilde“ Form gehört heute ebenso zum Charme wie der Puderzucker und die Beilagen: traditionell Pflaumenkompott, Apfelmus oder Wildheidelbeeren.
Wiederentdeckte Gemeinschaft: Struwenessen heute
Heute ist Struwenessen mehr als bloßes Brauchtum – es ist Ausdruck eines wiederbelebten Gemeinschaftsgefühls.
Familien, Nachbarschaften und Hofcafés laden zum gemeinsamen Struwenessen ein.
Besonders beliebt: Selbstgemachte Struwen frisch aus der Pfanne, heiß serviert, mit einem Lächeln – und vielleicht einem Löffel Preiselbeeren.

Originalrezept für ca. 25 Struwen
Zutaten:
- 200 g Rosinen
- 375 ml Milch
- 4 EL Zucker
- 1 Würfel (42 g) frische Hefe
- 500 g Mehl
- 1 Ei (Größe M)
- 1 TL Salz
- 75–100 g Butterschmalz zum Braten
- Puderzucker zum Bestäuben
- Wildheidelbeeren, Apfelmus oder Pflaumenkompott als Beilage
Zubereitung:
- Rosinen in Wasser ca. 15 Minuten einweichen, dann abtropfen und trocknen.
- 125 ml Milch mit 1 EL Zucker lauwarm erhitzen, Hefe hineinbröckeln und auflösen.
- Mehl in eine große Schüssel geben, Mulde formen, Hefemilch hineingießen, etwas Mehl vom Rand unterrühren. 15 Minuten abgedeckt gehen lassen.
- Restliche Milch lauwarm erhitzen. Mit Ei, restlichem Zucker und Salz zum Vorteig geben und mit Knethaken 3 Minuten kneten. Rosinen unterheben. Den Teig 30 Minuten gehen lassen.
- Butterschmalz in einer beschichteten Pfanne erhitzen. Mit zwei Esslöffeln Teighäufchen abstechen, flach drücken und bei mittlerer Hitze je 2–3 Minuten pro Seite goldbraun backen.
- Warm halten, mit Puderzucker bestäuben und servieren.
Struwen – ein Stück gelebte Kultur
Struwen sind mehr als ein kulinarischer Brauch: Sie sind ein Fenster in die Vergangenheit, eine Brücke zwischen Religion, Region und Rezept.
In einer Zeit, in der vieles schnell und digital geht, laden sie dazu ein, langsamer zu werden – und zu teilen. Vielleicht liegt genau darin ihre besondere Kraft.