Diese beiden Orte besitzen südfranzösische Lebensart, moderne Kunst und - Jazz

Der Milliardär Frank Jay Gould war mit seiner dritten Frau Florence auf Hochzeitsreise an der Riviera, als er sich vom Fleck weg in eine andere verliebte: die Côte d’Azur. Das hatte Folgen.

Antibes
Wunderschön ist Antibes mit seinem Sporthafen.

Zwei Orte hatten es ihm besonders angetan. Als erfolgsverwöhnter Geschäftsmann machte Gould sich gleich daran, die Städte seiner Wahl mit Hotels und Casinos zu schmücken, wie er es schon in der Normandie getan hatte. In den 1920-er Jahren eröffnete er das erste Casino an der Riviera in der Hafenstadt Antibes. Ihm stellte er ein paar schicke Hotels zur Seite und brachte so die Sommersaison in Antibes ins Rollen. Der europäische Adel, der die blaue Küste zuvor in erster Linie als Winterziel geschätzt hatte, bemerkte plötzlich, dass es sich hier auch im Sommer aushalten ließ.

Picasso in hormonellem Ausnahmezustand

Als Picasso sich auf Dauer an der Côte d’Azur niederlassen wollte, landete er in Antibes. Eine erste eigene Bleibe fand er im einstigen Grimaldi-Schloss, seit 1928 ein Kunstmuseum, die ihm der Konservator Dor de la Souchère für einen Winter zur Verfügung stellte. Ein hormoneller Ausnahmezustand, bedingt durch schwere Verliebtheit in die schöne Francoise Gilot, beflügelte ihn zusammen mit der Aussicht aufs Meer und die verwinkelten Straßen der Altstadt zu einem Schaffensrausch, dem sich einige seiner berühmtesten Arbeiten verdanken.

Frank Jay Gould ließ sich in Juan-les-Pins nieder, wo er sein restliches Leben verbrachte. Nur fünf Eisenbahnminuten liegen zwischen den beiden Orten - und das Cap d’Antibes. Auf dieser Halbinsel der Begünstigten befinden sich einige der schönsten Villen und Gärten der Küste.

Heute sind Antibes und Juan-les-Pins zu einer Stadt zusammen gewachsen. Picasso-Pilger gehen ins Museum, Jazzfreunde kommen zum ältesten europäischen Jazz-Festival, das an neun Abenden im Juli stattfindet. Und wer einfach nur Urlaub macht, liegt an den Sandstränden von Juan-les-Pins.

Versteckte Ecken voller Zauber

Obwohl die Küste von Antibes und Juan les Pins zersiedelt ist, der Verkehr an Sommertagen schweißtreibend und ein Platz im Café oft regelrecht erkämpft werden muss, gibt es hier viele Ecken, die den Zauber der frühen Zeiten bewahrt haben.

Im Hafen von Antibes sieht man früh am Tag noch immer Fischer, die ihren Fang verkaufen, während in den Straßen hinter der Kaimauer noch die letzten Nachtschwärmer beim Absacker in Bars und Straßencafés sitzen. Auf dem provenzalischen Markt an der Cours Masséna werden Obst und Gemüse verkauft, als wären Supermärkte noch gar nicht erfunden.

Eine freie Stadt in der Stadt

Nirgends aber ist Antibes so schön wie im Quartier Safranier. Das Viertel hat nicht nur seinen eigenen Charme, sondern sogar einen eigenen Bürgermeister. 1966 entschloss man sich, eine freie Gemeinde innerhalb der Stadtmauern von Antibes zu gründen. Die schmale Rue du Haut Castelet säumen makellose Fassaden, überwuchert von Bougainvillea, geschmückt mit zierlichen Balkons und behängt mit Blumentöpfen. Eine Katze räkelt sich im Schatten, ein paar Fußgänger tragen Einkäufe nach Hause, ansonsten herrscht Ruhe – fast ist es, als hätte der Massentourismus noch nicht begonnen.