Was macht die Stadt mit dem Wind?

Das große Konglomerat von Gebäuden und dann auch letztlich Menschen, gemeinhin als Stadt bezeichnet, hat einen nicht unerheblichen Einfluss auf die vielfältigen atmosphärischen Geschehnisse. Wie es in der Meteorologie bei vielen Einflussfaktoren aber üblich ist, gilt der Grundsatz: „mal mehr, mal weniger“.

Stadt
Die Stadt beeinflusst das Wetter. Neben einer Temperaturerhöhung die zur einer sogeannnten Städtischen Wärmeinsel führt, wird auch das Widnfeld beeinflusst.


Nun, das große Städte das Wetter in gewisser Weise beeinflussen, ist nachvollziehbar. Das prominenteste Beispiel ist sicherlich die sogenannte städtische Wärmeinsel. Der Ausdruck beschreibt dabei die teils deutlich höheren Lufttemperaturen in der Stadt gegenüber dem Umland und wurde bereits Anfang des 19. Jahrhunderts u.a. durch den „Erfinder der Wolken“, den britischen Pharmakologen und Apotheker, sowie Amateur-Meteorologen Luke Howard (1772-1864) beschrieben. Dabei liegt die Ursache der höheren Temperaturen in der Stadt vor allem in dem hohen Anteil von verbauten Flächen (das sind die Straßen und Gebäuden) und der vom Menschen gemachten (anthropogenen) Wärmefreisetzung durch Verkehr, Industrie und Hausbrand (damit sind nicht brennende Häuser gemeint, sondern die Brennstoffe, die zur Heizung und Warmwasseraufbereitung in Privathaushalten verfeuert werden). In großen Städten kann der Temperaturunterschied zum Teil bis zu 10 Kelvin betragen und ist vor allem am Abend und in der Nacht an windschwachen und geringbewölkten Wetterlagen sehr ausgeprägt.

Ein weiterer Aspekt, der sich teilweise aus der Überwärmung der Stadt ergibt, aber auch andere Ursachen hat ist die Wirkung der Stadt auf unser himmlisches Kind, den Wind.

Hierbei lassen sich vor allem zwei unterschiedliche Prozesse beschreiben. Zum einen kann sich durch die städtische Wärmeinsel eine kleinräumiges Windsystem zwischen Umland und Stadt ausbilden. Zum anderen hat die Stadt durch die Bebauung in der Regel eine deutlich höhere Rauigkeit und beeinflusst auch dadurch – also als Strömungshindernis - die Windverhältnisse.

Der Flurwind

Das kleinräumige Windsystem wird auch als Flurwind bezeichnet und beschreibt einen leichten Stadteinwärts gerichteten Wind, während einer ansonsten aber eher windschwachen (und gering bewölkten) Wetterlage. Bei dieser ist die Überwärmung der Stadt – eben durch den oben angesprochenen städtischen Wärmeinseleffekt – gegenüber dem Umland am Abend und in der Nacht besonders ausgeprägt. In Folge dessen steigt die relativ warme Stadtluft durch den thermischen Auftrieb (vergleiche Herrn Archimedes) in die Höhe. Da nun aber kein Luftloch entstehen kann (so etwas gibt es nicht und beschreibt ansonsten beim Flug nur das Absacken eines Flugzeugs bei Turbulenzen, aber jetzt drifte ich wieder ab), strömt – eben zur Kompensation der aufsteigenden Warmluft – Luft aus dem Umland in die Stadt ein. Der Kenner wird darin auch das ähnliche Wirkungsgefüge wie bei der Land- Seewindzirkulation sehen, die so oft in der Sekundarstufe 1 behandelt wird.


Der Flurwind ist generell nicht allzu stark, kann aber bei vielen Windrichtungsuntersuchungen nachgewiesen werden. Dabei ist er vor allem für lufthygienische Belange bedeutend. Denn mit dem Wind wird zum einen oft unbelastete Frischluft vom Umland in die Stadt transportiert und sorgt somit für eine Verbesserung der Luftqualität. Zum anderen kann er aber auch eine Verschlechterung der Luftqualität sorgen. Das ist nämlich dann der Fall, wenn der Wind – was aber selten vorkommt – bis zu Stadtmitte vordringt. Dann kann er verunreinigte Luft aus den Wohn- und vor allem auch Industriegebieten am Stadtrand aufnehmen und die Luftschadstoffe werden eben in Richtung Stadtmitte transportiert.

Wolken über einer Stadt
DIe Stadt stellt ein Strömungshindernis dar, das um- oder überströmt wird.

Die Luft über der Stadt als Strömungshindernis

Die weitaus bedeutendere Wirkung der Stadt auf die Windverhältnisse ist aber, dass sie ein Hindernis auf die allgemeine, großräumige Strömung darstellt. Dieses muss um- oder überströmt werden und durch die zahlreichen Gebäude mit verschiedenen Höhen weist die Stadt auch eine ordentliche Rauhigkeit auf. In direkter Bodennähe wird der Wind dabei stark abgeschwächt, aber mit einer Turbulenz behaftet. Das heißt: der Wind weist eine größere Böigkeit in Bezug auf Geschwindigkeit und Richtungsänderungen auf. Insgesamt haben wir es dann um Bereich der Stadt bis zu einer gewissen Höhe mit einem Luftkörper zu tun. Das ist so wie ein kompakteres Luftkissen, dass für den großräumigen Wind ein gewisses Hindernis ist.


Das wird dann wie ein Berg umströmt und teilweise auch überströmt. Doch beim Überströmen hat die Luft dann ein kleines Problem. In einem Bereich muss jetzt mehr Luft durchströmen – die Luft die nach oben abgelenkt wird und die Luft, die in dieser Höhe eh entlangströmt. Wie kann man das lösen? Ganz einfach, mit einer Geschwindigkeitserhöhung. Und genau das passiert dann auch. Über der Stadt haben wir eine höhere Windgeschwindigkeit, wobei vor der Stadt (im Luv) wir noch eine leichte Aufwärtskomponente und hinter der Stadt (im Lee) eine leichte Abwärtskomponente der Strömung haben. In der Stadt selbst ist dagegen die Windgeschwindigkeit generell vermindert.

Doch das gilt nur generell. An einigen Ecken kann es sehr wohl eine ziemliche Windverstärkung geben. Aber dazu ein anderes Mal mehr.

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