Neueste 5-Jahres-Einschätzung der WMO zur globalen Erderwärmung

Das »Global Annual to Decadal Climate Update« (GADCU) erscheint jährlich im Mai. Herausgeber ist die Weltorganisation für Meteorologie WMO. Darin wird die prognostizierte Zukunft des globalen Klimas für die kommenden fünf Jahre zusammengefasst.

El Nino Effekt
Bericht der WMO: CO2+El Nino=Zunahme der Erderwärmung

Basis des Berichts sind verschiedene Klimaindizes. Dazu gehören die globale, mittlere und oberflächennahe Temperatur, die atlantische multidekadische Variabilität und der El Niño-Effekt. Ebenso berücksichtigt werden regionale Indizes, der mittlere Meeresspiegeldruck sowie Niederschläge. Um den Bericht in den Kontext der Zusammenfassung des Weltklimarats IPCC zu setzen, enthält der GADCU 2023-2027 auch eine kurze Zusammenfassung des globalen Klimas der letzten fünf Jahre.

Grundlage

Die globale Durchschnittstemperatur lag im Jahr 2022 etwa 1,15 °C über dem Durchschnitt der Jahre 1850–1900. Der abkühlende Einfluss der La Niña-Bedingungen während eines Großteils der letzten drei Jahre bremste vorübergehend den längerfristigen Erwärmungstrend. La Niña endete im März 2023. Meteorologen erwarten, dass sich in den kommenden Monaten das Wetterphänomen El Niño entwickeln wird, mit dem die globalen Temperaturen im Jahr nach seiner Entstehung – in diesem Fall wäre das 2024 – deutlich erhöht werden.

Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse des GADCU

Die Vorhersagen des Berichts deuten darauf hin, dass die jährliche mittlere, globale und oberflächennahe Temperatur in den Jahren von 2023 bis 2027 zwischen 1,1°C und 1,8°C über dem Durchschnitt der Jahre 1850–1900 liegen wird. Dieser Zeitraum ist in der Klimaforschung immer die Ausgangslinie. Sie markiert die Abgrenzung zum Zeitraum von 1901 bis heute. Nach 1900 haben die stark steigenden menschengemachten Treibhausgasemissionen, speziell von Kohlendioxid CO2, das Weltklima in eine Schieflage gebracht. Eine Klimaneutralität durch CO2 -Absorption von Land und Meer-Kompensatoren besteht seit Beginn der 50-Jahre des letzten Jahrhunderts nicht mehr.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Prognosen der kommenden fünf Jahre das von der Weltstaatengemeinschaft im Jahr 2015 beschlossene 1,5 °C-Ziel überschreiten, ist hoch. 66% der Werte lassen nach Aussagen der WMO-Wissenschaftler diesen Schluss zu. Allerdings wird das 1,5 °C-Ziel im Fünfjahresmittelwert noch nicht überschritten. Nichtsdestoweniger lässt sich ableiten, dass wir das relevanteste Klimaziel der Pariser Klimakonferenz bereit in den kommenden 5 Jahren zumindest temporär »reißen« werden.

Der Bericht prognostiziert ferner, dass eines der Jahre zwischen 2023 und 2027 als das wärmste Jahr in der Erdgeschichte einhergehen wird. Damit wäre das bisherige Rekordjahr 2016 abgelöst. Auch dürfte das Fünfjahresmittel der mittleren, globalen und oberflächennahen Temperatur für 2023–2027 höher liegen als der davorliegende Zeitraum 2018-2022.

Bedeutsam sind auch die Prognosen der Temperaturanomalie in der Arktis. Hier geht man davon aus, dass diese mehr als dreimal so groß im Vergleich zur globalen mittlere Anomalie der Jahre zwischen 1991–2020 sein wird.

Die prognostizierten Niederschlagsmuster für 2023 im Vergleich zum Durchschnitt von 1991–2020 lassen darauf schließen, dass reduzierte Niederschläge in Teilen Indonesiens, des Amazonasgebiets und Mittelamerikas auftreten. Die Niederschlagsprognosen für den Durchschnitt von Mai bis September 2023–2027 im Vergleich zu dem Durchschnitt der Jahre 1991–2020 deuten auf überdurchschnittliche Niederschläge in der Sahelzone, Nordeuropa, Alaska und Nordsibirien hin.

Wetterphänomen El Niño verschärft die Lage

Der Bericht der WMO sieht neben den Faktoren der Klimaveränderungen durch immer noch steigende Treibhausgasemissionen auch das Wetterphänomen El Niño als für diese Entwicklung verantwortlich an. Die Wissenschaftler rechnen mit einer Rückkehr des El Niño- Effekts in den kommenden Monaten. Das Wetterphänomen tritt alle zwei bis sieben Jahre auf und kann die globalen Temperaturen zusätzlich erhöhen. Es zeichnet sich durch eine Erwärmung des Oberflächenwassers im Pazifischen Ozean aus. Meist führt es zu starker Trockenheit in Australien, Indonesien und Teilen Südasiens, während es in einigen Regionen Afrikas und Südamerikas, im Süden der USA und in Zentralasien für stärkere Niederschläge sorgt. El Niño war zuletzt in den Jahren 2018 und 2019 aufgetreten.

Warnung vor schwerwiegenden Folgen

Der aktuelle Bericht bedeute nicht zwangsläufig, dass die Welt die Klimaziele der Pariser Klimakonferenz von 2015 dauerhaft überschreiten werde, erklärte WMO-Chef Petteri Taalas. Seine Organisation schlage aber »…dahingehend Alarm, dass wir die 1,5-Grad-Grenze vorübergehend und immer häufiger überschreiten werden«. Zusammen mit dem erwarteten El Niño-Effekt könnte der von Menschen verursachte Klimawandel »…die globalen Temperaturen in ungeahnte Höhen treiben«, erklärte Talaas. Dies werde möglicherwise »…weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit, die Ernährungssicherheit, die Wasserwirtschaft und die Umwelt" haben. »Wir müssen darauf vorbereitet sein«, so der Abschlusssatz seiner Presseerklärung.

Wie viele Warnschüsse der Wissenschaft aus Klimaforschung, Meteorologie und Klimafolgenforschung benötigt die Weltpolitik noch, um zu erkennen, dass es nicht nur fünf Minuten vor Zwölf, sondern schon eher Sekunden vor Zwölf ist. Eine konzertierte Aktion der Hauptemittenten von Treibhausgasen, insgesamt nur etwa 35 von 200 Ländern der Erde, wäre ein erster Schritt. Eine verbindliche Vereinbarung dieser Länder über jährlich reduzierte CO2-Emissionen von 3-5% eine erste Maßnahme. Mut wäre der emotionale Treiber dazu.

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