Heiße Quellen der Arktis: Nördlichstes Hydrothermalfeld der Erde in der arktischen Tiefsee entdeckt

Hydrothermalquellen sind Oasen der Tiefsee. Sie entstehen an durchlässigen Strukturen der Erdkruste. Am Gakkelrücken, dem sich am langsamsten auseinanderbewegenden mittelozeanischen Rücken, haben Forschende nun das nördlichste Hydrothermalfeld der Erde entdeckt, etwa 300 Kilometer vom Nordpol entfernt.

Black-Smoker-Schlot
Black-Smoker-Schlote wie dieser auf Aurora stoßen bis zu 370 °C heiße Flüssigkeiten aus. Bild: Chris German/NUI, Woods Hole Oceanographic Institution

Ein internationales Forschungsteam hat das nördlichste bekannte Hydrothermalfeld der Erde entdeckt. Die Erkenntnisse der Expedition, an der Forschende des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen maßgeblich beteiligt waren, stellen bisherige Annahmen über hydrothermale Systeme grundlegend in Frage.

In der Tiefsee sind Hydrothermalquellen lebenswichtige Oasen für zahlreiche Organismen. Ihre Entdeckung ist schwierig, da sie meist versteckt an geologischen Bruchzonen und mittelozeanischen Rücken liegen.

Eine Forschungsreise mit dem Eisbrecher Polarstern hatte Forschende zum Gakkelrücken im Arktischen Ozean geführt, dem sich am langsamsten auseinanderbewegenden mittelozeanischen Rücken weltweit. Dort stießen sie auf das Polaris-Feld, nur etwa 300 Kilometer vom Nordpol entfernt.

Von Schwarzen Rauchern

Bislang galten sogenannte Schwarze Raucher (Black Smoker) als die dominierende Form hydrothermaler Aktivität. Diese Schlote setzen metallreiche, heiße Fluide frei und schaffen extreme Lebensräume für spezialisierte Organismen.

Am Polaris-Feld zeigte sich jedoch ein anderes Bild: Anstelle der erwarteten Schwarzen Raucher fanden die Forschenden kleinteilige Schornsteinstrukturen. „Basierend auf den geologischen Gegebenheiten des Meeresbodens sowie den wenigen früheren Daten aus Polaris’ hydrothermaler Rauchfahne gingen wir davon aus, dass wir ein System mit Schwarzen Rauchern vorfinden werden“, erklärt Dr. Elmar Albers, Erstautor der dazugehörigen Studie, der mittlerweile am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung tätig ist.

Karte des Polaris-Feldes
Karte des Polaris-Feldes. Kleines Bild: Lage des Polaris-Hydrothermalfeldes (großer Stern) zusammen mit acht anderen hydrothermalen Plumes, die entlang des Gakkel-Rückens identifiziert wurden (kleine Sterne). Großes Bild: Nahaufnahme der bathymetrischen Karte des axialen vulkanischen Hochs, das Polaris beherbergt. Bilder: Albers et al. 2025

Doch die Analyse der Proben zeigte eine andere chemische Zusammensetzung als erwartet, mit metallarmen, aber wasserstoff- und methanreichen Fluiden. Die Forschenden stellten fest, dass die Hydrothermalflüssigkeiten nicht direkt mit dem anstehenden Gestein am Meeresboden interagieren, sondern mit tiefer liegenden geologischen Schichten. Diese unerwartete Entdeckung deutet auf einen bisher wenig erforschten Mechanismus hydrothermaler Wechselwirkungen hin.

Geochemische Daten von Hydrothermalwässern sind unabdingbar, um die Prozesse im Untergrund zu entlarven.

Für die weitaus meisten Hydrothermalfelder an sich ultralangsam auseinanderbewegenden Rücken gebe es keine geochemischen Daten, erklärt Albers. „Ohne sie kann es leicht zu Fehlinterpretationen kommen, wie im Fall von Polaris, mit weitreichenden Folgen beispielsweise für das Verständnis globaler Stoffkreisläufe.

Das Verständnis der Geochemie hydrothermaler Systeme beeinflusst sogar die Suche nach Leben jenseits der Erde: Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der NASA sehen in diesen tiefseetypischen Prozessen eine Analogie zu potenziellen hydrothermalen Systemen auf eisbedeckten Monden wie Europa oder Enceladus. Dort könnten unterirdische Ozeane ähnliche Bedingungen aufweisen, die als Wiege extraterrestrischen Lebens dienen könnten.

Meeresbodenfotos
Meeresbodenfotos: (a, b) Hänge aus Basaltkissen und Geröll. (c) Stärker sedimentiertes Grundgestein. (d) Klippen mit farbenfrohen hydrothermalen Verfärbungen. (e) Schlote und hydrothermale Ableitung, vermutlich entlang von Lavaröhren. (f) Kleiner Schlot auf kiesigem Meeresboden. (g) Ausströmung mit wenig beeinträchtigtem Sediment. Begrenzte cremefarbene mikrobielle Matte. (h) Fluidauslässe und größere mikrobielle Matte. (i) Kiesiges Sediment und kleine Schlote, Öffnungen mit gelblichen mikrobiellen Matten. Bild: Albers et al. 2025

Das MARUM hat sich zum Ziel gesetzt, die Dynamik des Ozeanbodens und seine Wechselwirkungen mit geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen besser zu verstehen. Die gewonnenen Erkenntnisse liefern grundlegende Einsichten zum Erdsystem sowie zu den Auswirkungen auf Klimaveränderungen und die Rolle der Ozeane im globalen Kohlenstoffkreislauf.

Dennoch sind weitere Untersuchungen notwendig, um das komplexe Zusammenspiel von Hydrothermalquellen und ihrer Umgebung vollständig zu erfassen. Der Ozeanboden birgt noch viele Geheimnisse – das Polaris-Feld ist nur eines von ihnen.

Quellenhinweis:

Albers, E., Diehl, A., Fitzsimmons, J. N., Jensen, L. T., Klein, F., McDermott, J. M., Purser, A., Seewald, J. S., Walter, M., Wegener, G., Bach, W., Boetius, A., German, C. R. (2025): Ultramafic-influenced submarine venting on basaltic seafloor at the Polaris site, 87°N, Gakkel Ridge. Earth and Planetary Science Letters. https://doi.org/10.1016/j.epsl.2024.119166