Heiße Quellen der Arktis: Nördlichstes Hydrothermalfeld der Erde in der arktischen Tiefsee entdeckt
Hydrothermalquellen sind Oasen der Tiefsee. Sie entstehen an durchlässigen Strukturen der Erdkruste. Am Gakkelrücken, dem sich am langsamsten auseinanderbewegenden mittelozeanischen Rücken, haben Forschende nun das nördlichste Hydrothermalfeld der Erde entdeckt, etwa 300 Kilometer vom Nordpol entfernt.

Ein internationales Forschungsteam hat das nördlichste bekannte Hydrothermalfeld der Erde entdeckt. Die Erkenntnisse der Expedition, an der Forschende des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen maßgeblich beteiligt waren, stellen bisherige Annahmen über hydrothermale Systeme grundlegend in Frage.
Eine Forschungsreise mit dem Eisbrecher Polarstern hatte Forschende zum Gakkelrücken im Arktischen Ozean geführt, dem sich am langsamsten auseinanderbewegenden mittelozeanischen Rücken weltweit. Dort stießen sie auf das Polaris-Feld, nur etwa 300 Kilometer vom Nordpol entfernt.
Von Schwarzen Rauchern
Bislang galten sogenannte Schwarze Raucher (Black Smoker) als die dominierende Form hydrothermaler Aktivität. Diese Schlote setzen metallreiche, heiße Fluide frei und schaffen extreme Lebensräume für spezialisierte Organismen.
Am Polaris-Feld zeigte sich jedoch ein anderes Bild: Anstelle der erwarteten Schwarzen Raucher fanden die Forschenden kleinteilige Schornsteinstrukturen. „Basierend auf den geologischen Gegebenheiten des Meeresbodens sowie den wenigen früheren Daten aus Polaris’ hydrothermaler Rauchfahne gingen wir davon aus, dass wir ein System mit Schwarzen Rauchern vorfinden werden“, erklärt Dr. Elmar Albers, Erstautor der dazugehörigen Studie, der mittlerweile am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung tätig ist.

Doch die Analyse der Proben zeigte eine andere chemische Zusammensetzung als erwartet, mit metallarmen, aber wasserstoff- und methanreichen Fluiden. Die Forschenden stellten fest, dass die Hydrothermalflüssigkeiten nicht direkt mit dem anstehenden Gestein am Meeresboden interagieren, sondern mit tiefer liegenden geologischen Schichten. Diese unerwartete Entdeckung deutet auf einen bisher wenig erforschten Mechanismus hydrothermaler Wechselwirkungen hin.
Für die weitaus meisten Hydrothermalfelder an sich ultralangsam auseinanderbewegenden Rücken gebe es keine geochemischen Daten, erklärt Albers. „Ohne sie kann es leicht zu Fehlinterpretationen kommen, wie im Fall von Polaris, mit weitreichenden Folgen beispielsweise für das Verständnis globaler Stoffkreisläufe.“
Das Verständnis der Geochemie hydrothermaler Systeme beeinflusst sogar die Suche nach Leben jenseits der Erde: Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der NASA sehen in diesen tiefseetypischen Prozessen eine Analogie zu potenziellen hydrothermalen Systemen auf eisbedeckten Monden wie Europa oder Enceladus. Dort könnten unterirdische Ozeane ähnliche Bedingungen aufweisen, die als Wiege extraterrestrischen Lebens dienen könnten.

Das MARUM hat sich zum Ziel gesetzt, die Dynamik des Ozeanbodens und seine Wechselwirkungen mit geologischen, physikalischen, biologischen und chemischen Prozessen besser zu verstehen. Die gewonnenen Erkenntnisse liefern grundlegende Einsichten zum Erdsystem sowie zu den Auswirkungen auf Klimaveränderungen und die Rolle der Ozeane im globalen Kohlenstoffkreislauf.
Dennoch sind weitere Untersuchungen notwendig, um das komplexe Zusammenspiel von Hydrothermalquellen und ihrer Umgebung vollständig zu erfassen. Der Ozeanboden birgt noch viele Geheimnisse – das Polaris-Feld ist nur eines von ihnen.