Exotische Eindringlinge in Berliner Gewächshäusern: Ein unterschätztes Risiko!

In Berliner Gewächshäusern wurden kürzlich 32 nicht-heimische Wirbellose entdeckt, darunter erstmals in Europa und Deutschland dokumentierte Arten. Einige davon sind invasive Arten, die potenziell erhebliche Auswirkungen haben könnten – gefunden während einer intensiven Untersuchung durch junge Forscher.

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Unentdeckte Gefahren: Tropische Insekten in Berliner Gewächshäusern

In den Gewächshäusern der Botanischen Gärten von Berlin und Brandenburg verbirgt sich eine überraschende und teilweise gefährliche Welt: Eine Vielzahl tropischer und subtropischer Insekten sowie anderer Wirbelloser hat sich hier angesiedelt.

Eine Studie von Elias Freyhof, einem Nachwuchswissenschaftler am Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut, hat insgesamt 32 nicht-heimische Arten in 24 Gewächshäusern dokumentiert.

Besonders beunruhigend: Acht dieser Arten sind erstmals in Deutschland, der Region Berlin-Brandenburg oder sogar in Europa nachgewiesen worden.

Unheimliche Eindringlinge: Invasive Arten als Bedrohung

Die Entdeckung invasiver Arten, die sich in einem neuen Lebensraum etablieren, ist von großer Bedeutung. Eine der bedenklichsten Entdeckungen war die „Diebesameise“ Technomyrmex difficilis, die ursprünglich aus Madagaskar stammt.

Diese Art ist ein eindrucksvolles Beispiel für die aggressiven Überlebensstrategien tropischer Ameisen: Sie ist polygyn, das heißt, ihre Kolonien bestehen aus mehreren Königinnen, was ihre Vermehrung und Ausbreitung enorm begünstigt.

Ihre invasive Natur könnte nicht nur die heimischen Ameisenarten verdrängen, sondern auch das Gleichgewicht ganzer Ökosysteme im Gartenbau gefährden.

Eine weitere bedrohliche Entdeckung war die tropische Termite Cryptotermes cavifrons, die Holzstrukturen in Gewächshäusern befällt. Diese Termitenart kann in einem Bereich über Monate hinweg Schaden anrichten, was zu erheblichen wirtschaftlichen Verlusten führen könnte, wenn sie sich in deutschen Gebäuden ausbreitet.

Der unauffällige Transportweg: Gewächshäuser als Hotspots

Die Gewächshäuser bieten ideale Bedingungen für tropische Arten, sich in einem klimatisch geschützten Raum auszubreiten.

Der Import von Erde, Pflanzenmaterial und sogar lebenden Pflanzen aus tropischen Regionen erhöht das Risiko, dass exotische Insekten und andere Tiere unbemerkt eingeschleppt werden.

Diese Lebewesen finden in den Gewächshäusern eine perfekte Umgebung mit konstanten Temperaturen und einer reichhaltigen Nahrungsquelle. Besonders in einem Bereich wie den Berliner Gewächshäusern, wo Pflanzen regelmäßig ausgetauscht werden, können Tiere wie Ameisen, Schmetterlingsmücken oder Schnecken problemlos transportiert werden.

Methoden der Entdeckung: Technik trifft auf Forschung

Die Identifizierung der eingeführten Arten erfolgte mittels moderner Technologien und einer vielschichtigen Methodik. Zunächst griff das Team von Freyhof und Emil Jantke auf die Expertise der globalen Community von iNaturalist zurück.

Mithilfe von Künstlicher Intelligenz und dem Fachwissen der Community konnten bereits 31 der 37 Arten sicher identifiziert werden.

Besonders bemerkenswert war, dass fünf dieser Arten durch iNaturalist eindeutig erkannt wurden. Zusätzlich wurde in 20 Fällen eine genetische Analyse durchgeführt, um die Arten genau zu bestimmen.

Die Kombination dieser Technologien mit klassischen morphologischen Untersuchungen und der Konsultation von Fachliteratur gewährleistete eine präzise Bestimmung, selbst bei komplexen Artenkomplexen wie den Ameisen.

Klimawandel und steigende Bedrohung

Mit den zunehmenden Temperaturen in Deutschland könnte es zunehmend möglich werden, dass tropische Arten nicht nur in Gewächshäusern, sondern auch im Freien überleben.

Arten wie Plagiolepis alluaudi, eine kleine, in Afrika verbreitete Ameise, oder Geonemertes pelaensis, ein räuberischer Schnurwurm aus dem Indopazifik, könnten sich bei geeigneten Bedingungen ausbreiten und möglicherweise ganze Lebensräume im Freien destabilisieren.

Besonders problematisch wäre die Etablierung solcher Arten in natürlichen Ökosystemen, da sie dort heimische Arten verdrängen und Schäden an den lokalen Nahrungsnetzen verursachen könnten.

Aufruf zur Entdeckung und Beobachtung

Die Entdeckung dieser Arten unterstreicht die Notwendigkeit, die Gewächshausfauna intensiver zu erforschen. Elias Freyhof fordert daher auch Bürgerwissenschaftler und die breite Öffentlichkeit dazu auf, ihre eigenen Beobachtungen zu dokumentieren und zu veröffentlichen.

Um dies zu fördern, wurde das iNaturalist-Projekt „Greenhouse fauna of Europe“ ins Leben gerufen. Die Forschung zur Ausbreitung tropischer Arten in Gewächshäusern ist ein wichtiger erster Schritt, um potenziellen Gefahren durch invasive Arten rechtzeitig zu begegnen und ihre Ausbreitung in freier Wildbahn zu verhindern.

Quellen

Freyhof, E., Jantke, E. (2024): Introduced greenhouse-invertebrates in Potsdam and Berlin with a focus on ants (Hymenoptera, Formicidae) with eight new records for Europe, Germany or the Berlin-Brandenburg region. Contributions to Entomology 74(2): 235-248. DOI: https://doi.org/10.3897/contrib.entomol.74.e136784