Beruf und Persönlichkeit: Darum haben Angehörige derselben Berufsgruppen oft ähnliche Charakterzüge

Ist die Berufswahl eine Charakterfrage? Forscher haben herausgefunden, dass in ähnlichen Berufen oft bestimmte Persönlichkeitstypen arbeiten. Die Wahl des Berufs ist demnach eng mit der Persönlichkeit verknüpft, und beide beeinflussen sich gegenseitig. Menschen mit einem abweichenden Charakter wechseln zudem häufiger den Beruf.

Ärzte und Ärztinnen zeichnen sich oft durch eine hohe Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität aus.
Ärzte und Ärztinnen zeichnen sich oft durch eine hohe Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität aus. Bild: Bruno/Pixabay

Menschen mit ähnlichen Persönlichkeitsmerkmalen finden sich überdurchschnittlich häufig in den gleichen Tätigkeitsfeldern wieder. Diese Tendenz zeigt sich bereits bei Berufseintritt und wird im Laufe des Berufslebens sogar noch stärker. Doch warum ist das so? Forschende haben nun untersucht, wie sich die sogenannten Big Five der Persönlichkeit im beruflichen Kontext auswirken.

Als Big Five der Persönlichkeit gelten die Eigenschaften Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit und emotionale Stabilität.

Das Forschungsteam der Universität Mannheim, bestehend aus Dr. Claudia Rossetti, Dr. Katja Dlouhy und Prof. Dr. Torsten Biemann vom Lehrstuhl für Personalmanagement und Führung, stellte fest, dass die fünf Persönlichkeitsdimensionen innerhalb einzelner Berufsgruppen gleichmäßiger ausgeprägt sind als zwischen verschiedenen Berufen.

Ein Beispiel ist, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Pharmakologinnen und Pharmakologen ähnliche Persönlichkeitsprofile aufweisen, etwa eine hohe Gewissenhaftigkeit und emotionale Stabilität.

Die Untersuchung stützt sich auf umfangreiche Langzeitdaten des Sozio-Ökonomischen Panels (SOEP) und erfasste über 12 Jahre hinweg die Lebensläufe von bis zu 11.000 Personen.

Je länger Menschen in einem bestimmten Beruf tätig sind, desto stärker passen sich ihre Persönlichkeitsmerkmale dem sozialen Klima der Berufsgruppe an, so die Studie. Die Berufsumgebung formt ihre individuellen Persönlichkeitszüge mit.

Menschen, die sich in ihrem beruflichen Umfeld als fremd empfinden, wechseln häufiger den Beruf.
Menschen, die sich in ihrem beruflichen Umfeld als fremd empfinden, wechseln häufiger den Beruf. Bild: Markus Winkler/Pixabay

Wer sich zudem in seiner beruflichen Umgebung als fremd empfindet und sich deutlich von Kolleginnen und Kollegen unterscheidet, wechselt häufiger den Beruf. Persönlichkeitsunterschiede können demnach ein inneres Unbehagen bewirken, das auf Dauer zu beruflicher Unzufriedenheit führt.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Berufe nicht nur nach Fähigkeiten oder Interessen gewählt werden, sondern auch danach, ob die eigene Persönlichkeitsstruktur zu dem typischen Profil des Berufs passt.“

– Claudia Rossetti, Abteilung für Management der Universität Mannheim, Erstautorin der Studie

Weil die Übereinstimmung von Persönlichkeit und Beruf nachweislich die Mitarbeiterzufriedenheit sowie die Mitarbeiterbindung beeinflusst, können Unternehmen und Personaler daran konkret anknüpfen. Denn wer sich im beruflichen Umfeld wohlfühlt, bleibt länger im Unternehmen und bringt sich engagierter ein.

Bedeutung für Berufsberatung

Diese Erkenntnisse könnten künftig stärker in Auswahl- und Beratungsprozesse einfließen. In der Berufsberatung und im Recruiting könnten etwa Persönlichkeitsprofile systematischer berücksichtigt werden. Ein Abgleich von Persönlichkeitsmerkmalen mit berufstypischen Profilen könnte die Suche nach geeigneten Matches erleichtern, wodurch sich Positionen langfristig erfolgreicher besetzen ließen.

Für junge Menschen, die vor der Berufswahl stehen, bedeutet das, dass neben den eigentlichen Kompetenzen und Interessen auch wichtig ist, ob man sich charakterlich mit seinem Berufsfeld identifizieren kann. Umgekehrt sollten Arbeitgeber verstärkt darauf achten, dass die Persönlichkeitsstruktur neuer Mitarbeitender mit der Team- und Unternehmenskultur harmoniert.

„Diese Ergebnisse verbessern unser Verständnis, wie das komplexe Zusammenspiel zwischen der Persönlichkeit eines Menschen und dessen Beruf funktioniert.“

– Claudia Rossetti, Abteilung für Management der Universität Mannheim, Erstautorin der Studie

Die Mannheimer Studie bietet damit einen neuen Blick auf berufliche Entwicklung: Nicht nur die Tätigkeit selbst prägt, sondern auch das soziale Umfeld im Beruf – und letztlich auch die Identität der Berufstätigen. Beruf und Persönlichkeit stehen in einem dynamischen Zusammenhang, der beide Seiten langfristig verändert.

Quellenhinweis:

Rossetti, C., Biemann, T., & Dlouhy, K. (2025): The Emergence of Similar Personalities in Similar Occupations. Journal of Organizational Behavior.