Wenn der Krampus kommt, bebt das Haus

Im Gasteiner Tal hat sich der Brauch um den unheimlichen Begleiter des Nikolaus besonders authentisch erhalten. Mit Fratze und Tierhörnern sind die von Hand hergestellten Holzköpfe nur der Beginn des Spektakels.

Krampus
Furchterregend: Der Krampus ist der finstere Begleiter des Nikolaus. Foto: Adobe Stock

Ohrenbetäubenden Lärm verbreitet der Krampus. Mit seiner grotesken Fratze und den teuflischen Hörnern sieht er dazu absolut furchterregend aus. Doch obwohl der finstere Begleiter des Nikolaus Kinder das Gruseln lehrt, hat er es selbst auch nicht leicht: Zehn Kilogramm wiegen allein die mächtigen Schellen, mit denen seine Ankunft schon von weitem zu hören ist.

Der schwere, aus Zirbenholz geschnitzte Kopf mit Sehschlitzen, den er über dem eigenen trägt, bringt mindestens sechs und nicht selten bis zu dreizehn Kilogramm auf die Waage.

Gekrönt wird der Kopf von den Hörnern hiesiger Schafe oder Ziegen. Denn die Krampus-Tradition ist bäuerlichen Ursprungs - nur der Adel jagte in früheren Zeiten und hätte dadurch auch Zugriff auf die Hörner von Wildtieren gehabt. Aber die Aristokratie beteiligte sich nicht an dem archaischen Treiben.

Über hundert Grüppchen ziehen durchs Tal

Zwar begleitet der Krampus - der dem Knecht Ruprecht nördlicherer Gefilde ähnelt - den Heiligen Nikolaus überall im erweiterten Alpenraum; im Gasteiner Tal aber wird er besonders intensiv gepflegt.

Mehr als hundert Grüppchen sind hier unterwegs, viele von ihnen überdauern Generationenwechsel. Die meisten Betriebe im Tal schließen vom 5. bis 7. Dezember, um die Belegschaft nicht bei der Brauchtumspflege zu stören.

Anspielungsreiche Rückschau in Versform

Neben Optik und Akustik spielt das gesprochene Wort die Hauptrolle. Anders als es bei einem verwandten Brauch auf einer deutschen Nordseeinsel lange üblich war, leistet sich der Gasteiner Krampus keine Grenzüberschreitungen.

Der Nikolaus und sein Begleiter, ein zumeist weiblicher Engel, laden die Bewohner eines Hauses vielmehr zur Rückschau ein, häufig in Form eines Gedichts.

Falsch geparkt? Der Krampus weiß es bereits

Da man sich in den Gemeinden des Tals kennt, sind ihre Vorträge voller Anspielungen. Da kann der Nikolaus durchaus wissen, wenn einem Dorfbewohner wegen Falschparkens das Auto abgeschleppt oder einem anderen der Führerschein entzogen wurde.

Gastein
Winterlicher Zauber in Bad Gastein. Foto: Adobe Stock

Dennoch ging es nicht immer um unverfängliche Verfehlungen. So prüften der Nikolaus und seine Begleiter während der Gegenreformation, nach welchem Ritus im Haus gebetet wurde. Und das konnte ernste Folgen haben - nicht nur vom Krampus.

Thermalbadeort auf 1000 Metern Höhe

Langfristig aber erwies sich der Brauch als eher identitätsstiftend denn entzweiend. Denn das schon früh mit einem florierenden Tourismus gesegnete Tal hatte mit dem Krampus etwas, das es nicht mit den Gästen teilte - der Brauch ist auch ein kurzer Rückzug ins Dörfliche.

Gold- und Silberminen lockten seit jeher Fremde ins Tal. Aus achtzehn heißen Thermalquellen sprudeln zudem fünf Millionen Liter Wasser am Tag. Sie machten das auf 1000 Meter gelegene Bad Gastein früh zum vielbesuchten Urlaubsziel.