Diese Kunstsammlung von Weltrang versteckt sich tief in der Natur
Mit dem Fahrrad zur Kunst: Gut versteckt im Naturschutzgebiet „De Hoge Veluwe“ in den Niederlanden bewahrt ein Museum im Wald die zweitgrößte van-Gogh-Sammlung der Welt.

Die Terrasse auf dem Kopfsteinpflaster des Place Forum im südfranzösischen Arles liegt unter dunkelblauem Nachthimmel. Die leuchtenden Sterne sehen aus, als ließen sie sich von der Leinwand pflücken. Vincent van Goghs „Caféterrasse am Abend“ ist eines der bekanntesten Gemälde überhaupt.
Zu sehen ist das Original jedoch nicht in einem der großen Kunstmuseen in Amsterdam, Paris oder London, sondern in einem Wald nordwestlich der niederländischen Stadt Arnheim.
Im 5500 Hektar großen Naturschutzgebiet „De Hoge Veluwe“ erhebt sich zwischen alten Bäumen ein unauffälliges einstöckiges Gebäude. Das Kröller-Müller-Museum ist die wohl einzige Kunstsammlung von Weltrang, die sich in tiefer Provinz in der Natur versteckt.
Erster Kauf: van Goghs „Sonnenblumen“
Zu verdanken ist das alles Helene Kröller-Müller (1869-1939). Sie war eine Frau mit Geschmack, Geld und Weitblick – und hatte im Kunsthistoriker Hendricus Petrus Bremmer einen kundigen Berater.
So kaufte die im Ruhrgebiet geborene Tochter eines deutschen Industriellen die Werke von Künstlern, die noch keine Anerkennung genossen oder von der Kritik sogar verrissen wurden. Mit einem Paukenschlag ging es los: 1909 erwarb sie van Goghs „Sonnenblumen“ sowie zwei weitere Arbeiten des Malers.
87 van Goghs und zahlreiche Meisterwerke des Impressionismus
Zu dieser Zeit war Helene Kröller-Müller schon 20 Jahre mit dem Niederländer Anton Kröller verheiratet, dessen Bruder die holländische Niederlassung der Firma ihres Vaters geleitet hatte. Später übernahm Anton und erwirtschaftete ein solides Vermögen.
Nach und nach kaufte Helene 180 Zeichnungen und 87 Gemälden van Goghs – und besaß schließlich die zweitgrößte Sammlung der Welt nach der des Van-Gogh-Museums in Amsterdam. Zudem erwarb sie Meisterwerke des Impressionismus und Pointillismus.
Zwar kann man mit dem Auto in den Nationalpark fahren und am Museum parken. Doch weil die Niederländer sich am liebsten radelnd fortbewegen, steht an jedem der drei Eingänge des Parks eine Flotte weißer Fahrräder bereit – insgesamt 1800. Die Besucher können sie unentgeltlich nutzen, um Kunst- und Naturerleben miteinander zu verbinden.
Wildschweine, Mufflons, Rothirsche und Dachse
Flugsandflächen, Wald und Heide machen die Landschaft abwechslungsreich. Bei der Erkundung werden den Besuchern wenig Grenzen gesetzt: Im Nationalpark De Hoge Veluwe ist es ausdrücklich erlaubt, die Wege zu verlassen.
Einzige Ausnahme sind die Wildruhezonen. Wildschweine leben im Park, Mufflons, Rothirsche, Dachse, Eidechsen und Ringelnattern.
Ihre Sammlung von Manets und Monets, Renoirs, Gauguins, Cézannes, Seurats und Pissarros überließ Helene Kröller-Müller noch zu Lebzeiten dem niederländischen Staat: 4000 Zeichnungen, Hunderte von Gemälden und fast 300 Skulpturen.
Einzige Bedingung war, dass der Staat ein Museum für die Sammlung bauen würde, denn in den 30er Jahren hatte die Weltwirtschaftskrise das Vermögen des Paars schrumpfen lassen. So entstand in ihrem Jagdgebiet Hoge Veluwe das Museum. Nach der Eröffnung 1938 wurde Helene Kröller-Müller seine erste Kuratorin.