Sommerwetter, Hitze und schneefreie Alpen! Wie ungewöhnlich war die erste Herbsthälfte?

Zumindest vorübergehend hat sich das Wetter der eigentlichen Jahreszeit angepasst mit einer markanten Abkühlung und erstem Nachtfrost in Deutschland. Die Wochen davor gab es bis zuletzt aber Temperaturen wie im Hochsommer und zahlreiche Rekordtemperaturen. Auch die Alpen blieben bis in die höchsten Lagen schneefrei. Wie ungewöhnlich war dieser Herbstsommer bisher?

Alpen
Perfekt zum wandern! Auch in den Alpen setzte sich der Sommer im Herbst fort (Foto Markus Köss, Allgäuer Alpen)

Der meteorologische Herbst umfasst aus statistischen Gründen die Monate September, Oktober und November. Damit ist Mitte Oktober "meteorologisch" die erste Herbsthälfte vorbei. Geprägt war diese Zeit von einer Fortsetzung des Sommers, der einfach nicht enden wollte.

Hitzetage und Tropennächte im Oktober

Erst am letzten Wochenende ging es mit einer markanten Kaltfront mit Vollgas in den Herbst. Dabei war die einfließende Luftmasse etwa 15 Grad kälter als die in der vergangenen Woche. Letzten Freitag (13.10.2023) wurde in Deutschland der späteste heiße Tag (Höchstwert über 30°C) seit Messbeginn registriert. Spitzenreiter waren die baden-württembergischen Stationen Rheinfelden und Müllheim mit jeweils 30,1 Grad Celsius.

Noch eindrucksvoller waren die Tiefstwerte: In der Nacht zum Samstag, dem 15. Oktober (!!) gab es an zahlreichen Stationen eine Tropennacht (Tiefstwert nicht unter 20,0°C). In Cottbus in Brandenburg lag die Tiefsttemperatur bei 20,8 Grad Celsius und war damit das höchste Minimum, das jemals in Deutschland in einem Oktober gemessen wurde.

Wie auf Meteored berichtet, war schon der vergangene Monat der mit Abstand wärmste September, der je in Deutschland gemessen wurde. Verglichen mit der Klimareferenzperiode 1961-1990 war dieser Monat unglaubliche 3,9 Grad wärmer und übertraf damit die bisherigen September-Rekorde 2006 und 2016 deutlich.

Das bleibt auch nicht ohne Folgen für die Alpen. Üblicherweise wird es in den Hochlagen Ende September/Anfang Oktober wieder weiß und über die Gletscher legt sich eine schützende Schneedecke auf das nicht mehr "ewige Eis".

"Schneefreie Alpen"

Nicht so in diesem Jahr! Bis Mitte Oktober ging auch in den Alpen der Hochsommer mit immer neuen Temperaturrekorden immer weiter. Auf dem 3109 Meter über dem Meeresspiegel liegenden Hohen Sonnblick in Österreich wurden in diesem meteorologischen Herbst (seit 1. September) bereits neun rekordwarme Tage verzeichnet. Eine Schneedecke wurde bis Mitte Oktober gar nicht gemeldet. Das Temperaturniveau in der ersten Oktoberhälfte dort ist vergleichbar mit Mitte/Ende August!

Der gesamte Alpenraum präsentiert sich ungewöhnlich schneearm bis in die Gipfellagen. Auch wenn die jetzige Kaltfront regional wenige Zentimeter Neuschnee brachte, ist die Schneelage so mager wie seit mindestens Oktober 2014 nicht mehr.

Das Jahr der Extreme

Doch nicht nur in Europa, sondern weltweit gab es in diesem Jahr Hitzerekorde, welche die bisherigen geradezu pulverisierten. Es scheint so, als seien Rekorde mittlerweile die Norm. Denn 2023 ist dabei das Jahr der Extreme und zeigt dabei die Auswirkungen der Klimakrise so deutlich, dass selbst Experten überrascht sind.

Anders Levermann, Klimawissenschaftler am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), fasst die Gleichzeitigkeit dieser Entwicklungen so zusammen: „Das Klimasystem fliegt uns gerade um die Ohren.“ Die Modelle in den Klimawissenschaften hätten schon seit 20 bis 30 Jahren solche Entwicklungen vorhergesagt, doch was gerade passiere, überrasche auch ihn. Die Extreme werden immer häufiger und stärker und das was früher ein Jahrhundertereignis war, passiert jetzt in immer kürzeren Zeitabständen.

Doch warum ist die globale Wärmeanomalie in diesem Jahr so extrem? "Wahrscheinlich fallen in diesem Jahr eine Reihe von Faktoren unglücklich zusammen", sagt Erich Fischer, Klimawissenschaftler an der ETH Zürich. Welche Faktoren sich dabei gegenseitig verstärken lässt sich aktuell in den Klimamodellen noch nicht hinreichend abbilden. So oder so, lässt sich diese Entwicklung auf Dauer nur stoppen, wenn wir es schaffen, die CO2-Emissionen möglichst schnell auf Netto-Null zu reduzieren.