Brasiliens später Plan B im Kampf gegen die Erderwärmung
Zum Abschluss von Klimakonferenzen klingen Analysen häufig ähnlich: Die Einigung, die die Klimakrise abbremsen könnte, ist wieder einmal nicht gelungen. Wie soll sie auch gelingen, wenn selbst die großen Ölstaaten wie Saudi-Arabien mitentscheiden?

Immer wieder gibt es vereinzelte, kleine Erfolg auf den Weltklimakonferenzen. Doch bei den großen Themen geht es nur träge und zu langsam voran.
Nun bricht Brasilien mit dem bisherigen Duktus - vermutlich auch aus Enttäuschung, dass es das Gastgeberland nicht geschafft hat, die Weltstaatengemeinschaft hinter ambitionierten Zielen zu vereinen.
Auch 2025 nach der COP30 ist das die verkürzte Zusammenfassung. Nach 30 Verhandlungsrunden der beteiligten Staaten wurden fossile Brennstoffe nur ein einziges Mal, und zwar in Dubai 2023, als Verursacher der Erderwärmung benannt. Die Absicht einer Abkehr von Kohle, Erdöl und Erdgas wurde allerdings nur mit unverbindlichen Worten angekündigt.
Große Pläne der COP30
In diesem Jahr wollte Brasilien den nächsten Schritt machen und an handfesten Strategien arbeiten. Doch der Versuch, einen Plan dazu in die Abschlusseinigung zu schreiben, scheiterte komplett.
Die brasilianische Umweltministerin Marina Silva, die die Idee maßgeblich angeschoben hatte, zeigte sich in ihrer Abschlussrede enttäuscht:
sagte sie in ihrer abschließenden Pressekonferenz.
Dann streckte sie die Faust in die Höhe und betonte, dass ihr Kampf weitergehe. Für sie und die brasilianische COP-Präsidentschaft würde die Arbeit nicht in Belém enden, da es bereits einen, wenn auch späten Plan B gäbe.
Dieser Plan B klingt in der Tat sehr ambitioniert: Brasilien will bis zur nächsten Klimakonferenz COP31, die 2026 im türkischen Antalya stattfindet, zusammen mit „Wissenschaft sowie Industrie“ einen Fahrplan für den fossilen Ausstieg erarbeiten.
Um diese „roadmap“ ging es bereits in Belém, wobei der Versuch, diese im Konsens auf den Weg zu bringen, krachend gescheitert ist.
Der Unterschied des neuen Plans Brasiliens besteht darin, dass der Zeitplan nicht im Namen der ganzen Welt, sondern als freiwillige Initiative von Staaten gedacht ist, die an zeitlichen und quantitativen Zielen zum Ausstieg von Kohle, Erdöl und Gas mitziehen wollen.
Ein zweiter Fahrplan Brasiliens zielt auf ein Ende der weiter fortschreitenden, weltweiten Entwaldung.
Die Kehrtwende?
Der Vorstoß Brasiliens ist eine Abkehr von der bisherigen Vorgehensweise. Während bislang auf den Klimakonferenzen um einen Konsens mit allen Staaten gerungen wurde, ohne dass es zu einem Durchbruch kam, können Staaten, die aktiv gegen die Klimaveränderungen agieren wollen, mit dem Fahrplan nun einen parallelen und schnelleren Prozess starten.
Die Architektin des Pariser Abkommens, Christiana Figueres, erklärte in einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung DER STANDARD :
Allerdings kam der Vorschlag Brasiliens sehr spät. Auch benötigen Vorschläge und Beschlüsse dieser Art üblicherweise viele Monate Vorbereitung. Brasilien hat aber scheinbar seine Ideen mehr oder weniger spontan entwickelt.
Auf alle Fälle habe Brasilien mit der Ankündigung versucht,
wie das Wuppertal-Institut schrieb. Das Institut hat am 4.12. seine Analyse zur Konferenz von Belém veröffentlicht. Darin wird gefordert, dass progressive Staaten nun alles daransetzen müssten, die Fahrpläne ins Zentrum der Diskussion zu stellen.
Nachfrage nach Fossilen
Unterdessen steigt die Nachfrage nach Erdöl und Erdgas weiter. Der Anstieg ist zwar eher langsam, aber doch stetig. Die Internationale Energieagentur (IEA), das Energie-Institut der OECD mit Sitz in Paris, prognostiziert im World Energy Outlook 2025, dass sich dieser Prozess ohne politische Kursänderung bis 2050 fortsetzen würde.
In dem Bericht beschreibt die IEA allerdings auch ein Szenario, wie die Klimaneutralität bis 2050 gelingen kann. Dazu meint die Agentur:
Allen voran meint die IEA damit die USA unter Präsident Donald Trump, der sämtliche Unterstützung für den Klimaschutz gestoppt hat.
Das Land war auf der COP 30 nicht vertreten. Zusätzlich hat Präsident Trump für weitere Verunsicherung gesorgt. Erst im Oktober hatte er allen Staaten, die für eine internationale CO2 -Steuer für die Schifffahrt stimmen wollten, mit neuen Zöllen, Visabeschränkungen und Hafensteuern gedroht. Das Abkommen kam nicht zustande. Ein weiterer Punktsieg für den Klimawandel-leugnenden amerikanischen Präsidenten.
Bei dem Vorstoß Brasiliens darf auch nicht vergessen werden, dass das Land selbst beim Thema Klimaschutz eine eher durchwachsene Bilanz hat. Nur wenige Wochen vor der Klimakonferenz genehmigte Präsident Lula da Silva neue Erdölbohrungen im Amazonasdelta.
Frust zu den Klimakonferenzen
Der Frust der Staaten, die aktiv gegen den Klimawandel vorgehen wollen, ist groß. Dies hängt sicherlich mit den trägen und letztendlich erfolglosen Verhandlungen während der letzten COPs zusammen.
Brasiliens Vorstoß zur Entwicklung eines gemeinsamen, wenn auch freiwilligen Fahrplans ist nicht der einzige auf der Suche nach Alternativen. Kolumbien und die Niederlande laden im April zur ersten internationalen Konferenz für einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Bisher unterstützen 24 Staaten die Initiative.
Bereits 2023 hatte Kolumbien in Dubai für Aufsehen gesorgt, indem es dem sogenannten Fossil Fuel Non-Proliferation Treaty beitrat. Dabei handelt es sich um eine Allianz von Staaten, Regionen und der Zivilgesellschaft, welche die Förderung fossiler Brennstoffe stoppen will.
Bemerkenswert ist dabei, dass sich mit Kolumbien der weltweit immerhin sechstgrößte Kohleexporteur anschloss.
Offensichtlich hat das Land, dessen Volkswirtschaft immer noch sehr stark vom Export von Kohle und Erdöl abhängt, die Zeichen der Zeit besser erkannt als die ölfördernden Staaten des Nahen Ostens.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die beiden Initiativen zum Abschluss einer verbindlichen Ausstiegsstrategie aus den Fossilen entwickeln werden.
Ich werde die weitere Entwicklung natürlich beobachten und an dieser Stelle wieder darüber berichten.