Quantentornado: Britische Wissenschaftler simulieren verzerrte Raumzeit mithilfe eines winzigen schwarzen Lochs

Britischen Wissenschaftlern ist es gelungen, mit vielen kleinen Quantenwirbeln aus supraflüssigem Helium einen Quantentornado zu erzeugen, an dem sich die Eigenschaften schwarzer Löcher untersuchen lassen.

Schwarzes Loch
Künstlerische Sicht des schwarzen Lochs M60-UCD1. Bild: NASA/ESA

Forscher haben mithilfe von sogenannten Quantenwirbeln ein schwarzes Loch simuliert. Mit supraflüssigem Helium konnten sie ein Gebilde erzeugen, das einem schwarzen Loch ähnelt und auch ähnliche physikalische Eigenschaften hat. Mit den Erkenntnissen lassen sich Rückschlüsse auf die Raumzeit-Verzerrungen an schwarzen Löchern ziehen.

Supraflüssigkeiten – zum Beispiel ultrakaltes (kryogenes) Helium – haben besondere Eigenschaften, beispielsweise verfügen sie über keinerlei innere Reibung (Viskosität). Suprafluide lassen sich in sogenannten Quantenwirbeln untersuchen. Dabei handelt es sich um winzige Wirbel, also Löcher, in denen die Supraflüssigkeit um einzelne Partikel, Luft oder ein Vakuum rotiert. Die Supraflüssigkeit selbst ist nicht rotationsfähig.

Wissenschaftlern der University of Nottingham, des King's College London und der Newcastle University ist es nun in einem Experiment gelungen, aus vielen kleinen instabilen Quantenwirbeln einen stabilen Quantentornado zu erschaffen. In diesem können sie die Gravitationsbedingungen rotierender schwarzer Löcher beobachten.

Supraflüssiges Helium mit ungewöhnlichen Quanteneigenschaften

Um Schwerkraft mit Flüssigkeiten vergleichen zu können, muss die Viskosität aufgehoben werden – was beispielsweise bei kryogenem Helium geschieht. "Die Verwendung von supraflüssigem Helium hat es uns ermöglicht, winzige Oberflächenwellen detaillierter und genauer zu untersuchen als mit unseren früheren Experimenten in Wasser", erklärt Dr. Patrik Švančara, School of Mathematical Sciences an der University of Nottingham, Hauptautor der in Nature veröffentlichten Studie.

Da die Viskosität von supraflüssigem Helium extrem klein ist, konnten wir ihre Wechselwirkung mit dem suprafluiden Tornado akribisch untersuchen und die Ergebnisse mit unseren eigenen theoretischen Projektionen vergleichen. – Dr. Patrik Švančara, School of Mathematical Sciences an der University of Nottingham.

Das Team konstruierte ein kryogenes System für einige Liter supraflüssiges Helium bei Temperaturen unter –271 °C. Bei dieser Temperatur erlangt flüssiges Helium ungewöhnliche makroskopische Quanteneigenschaften. Beispielsweise rinnt die Flüssigkeit am Rand eines Behälters nach oben.

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Normalerweise sind Quantenwirbel instabil. "Supraflüssiges Helium enthält winzige Objekte, sogenannte Quantenwirbel, die dazu neigen, sich voneinander zu entfernen", erläutert Dr. Patrik Švančara.

In unserem Aufbau ist es uns gelungen, Zehntausende dieser Quanten in einem kompakten Objekt einzuschließen, das einem kleinen Tornado ähnelt, und so eine Wirbelströmung mit rekordverdächtiger Stärke im Bereich der Quantenflüssigkeiten zu erreichen. Dr. Patrik Švančara, School of Mathematical Sciences an der University of Nottingham.

Die Forscher entdeckten Parallelen zwischen dem Wirbelstrom und dem Schwerkrafteinfluss schwarzer Löchern auf die umgebende Raumzeit. In Zukunft könnte mit solchen Riesen-Quantenwirbeln der komplexe Bereich gekrümmter Raumzeiten simuliert und untersucht werden.

Von Wirbelströmen zu Raumzeit-Verzerrungen bei schwarzen Löchern

Prof. Dr. Silke Weinfurtner berichtet, dass bereits 2017 in Vorgänger-Experimenten zum ersten Mal Ähnlichkeiten zu schwarzen Löchern zu beobachten waren. Dies sei bereits der Durchbruch für das Verständnis von Phänomenen gewesen, die sich normalerweise gar nicht untersuchen lassen.

Mit unserem ausgefeilteren Experiment haben wir diese Forschung nun auf die nächste Stufe gehoben, was uns schließlich dazu bringen könnte, vorherzusagen, wie sich Quantenfelder in gekrümmten Raumzeiten um astrophysikalische schwarze Löcher verhalten. – Prof. Dr. Silke Weinfurtner, Fakultät für Mathematik der University of Nottingham.

Die Forschung wird mit 5 Millionen Pfund vom Science Technology Facilities Council bezuschusst, das unter anderem die Teams der University of Nottingham, der Newcastle University und des King's Colleges in London für ihre Arbeit erhalten.

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