Neuen Studie deckt auf: Mehrsprachigkeit verzögert die Alterung
Eine neue Studie mit 86.000 Menschen zeigt: Wer mehrsprachig lebt, altert langsamer, weil das Gehirn trainiert, vernetzt und widerstandsfähiger bleibt.

Stell dir vor, dein Gehirn wäre ein großes, leuchtendes Netzwerk aus warmen Lichtern. Jeder neue Satz, den du formulierst, jedes "Holà", das über die Lippen kommt, jedes "Bonne nuit", das du abends sanft ins Dunkel flüsterst – all das spannt neue Verbindungen, lässt bestehende stärker glühen, hält das gesamte System länger funktionsfähig. Wenn unser Kopf also ein Sternenhimmel wäre, dann sorgt Mehrsprachigkeit ganz einfach für noch mehr Sterne. Und verzögert ganz nebenbei unseren Alterungsprozess, wie eine neue Studie jetzt ermittelt hat.
Messbarer Einfluss auf die biologische Alterung
Für dieses wissenschaftliche Schwergewicht wurden Daten von über 86.000 Menschen aus 27 europäischen Ländern ausgewertet. Alles Personen zwischen 51 und 90 Jahren, alle mit Lebensgeschichten, Tagesroutinen, Hobbys und vor allem: Sprachgewohnheiten. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des renommierten Neurowissenschaftlers Agustín Ibáñez (Global Brain Health Institute, Trinity College Dublin) wollte wissen: Hat Mehrsprachigkeit einen messbaren Einfluss auf die biologische Alterung? Die Antwort ist ein klares Ja. Und nicht nur ein kleines Nicken, sondern ein lautes, überraschendes, fast euphorisches "Sí!".
Je mehr Sprachen man spricht, umso besser fürs Gehirn
Laut der Studie, die im Fachjournal "Nature Aging" erschienen ist, altern Personen, die nur eine Sprache sprechen, doppelt so häufig schneller als jene, die regelmäßig mehrere Sprachen nutzen. Und jetzt wird es richtig spannend: Wer zwei zusätzliche Sprachen spricht, halbiert sein Risiko für beschleunigtes Altern beinahe. Ein Effekt, der auch langfristig stabil bleibt. Ja, umso mehr Sprachen, desto stärker der Schutz.
Wie funktioniert das eigentlich?
Doch was genau passiert da im Kopf? Die Wissenschaft nennt es kognitive Reserve, eine Art mentaler Puffer, ein Schutzschild des Gehirns. Mehrsprachige Menschen navigieren permanent zwischen Bedeutungen, Grammatik, Sprachmelodien. Sie filtern, sortieren, vergleichen. Ihr Gehirn jongliert und bleibt genau dadurch belastbarer, wacher und flexibler. Der Effekt bleibt bestehen, selbst wenn Faktoren wie Gesundheit, soziale Umstände, körperliche Aktivität, Bildung oder Umwelteinflüsse herausgerechnet werden. Luftqualität? Demokratische Strukturen? Gleichberechtigung? Wurden berücksichtigt. Und trotzdem bleibt Mehrsprachigkeit ein eigener, unabhängiger Schutzfaktor. Ein Eigenleben, das beeindruckt.
Neue Erkenntnisse schenken Hoffnung für die Zukunft
Natürlich gibt es noch offene Fragen. Zum Beispiel: Funktioniert dieser Effekt nur, wenn man mehrere Sprachen früh lernt? Oder lohnt es sich auch mit 65 noch mit Italienisch anzufangen? Die Forschenden möchten genau das als nächstes untersuchen. Denn sollte sich zeigen, dass auch spätes Sprachenlernen schützt, hätte die Präventionsmedizin plötzlich ein Werkzeug in der Hand, das simpel ist, Freude macht, Kultur verbindet – und im besten Fall sogar vorzeitigem Altern entgegenwirkt.