Größte Struktur im Universum: Dieses besondere Filament besteht aus hunderten Galaxien und rotiert um sich selbst
Forscher haben eine riesige Filamentstruktur untersucht, die aus 280 Galaxien besteht und deren zwei Stränge sich in entgegengesetzte Richtungen drehen. Dass die Galaxien selbst ebenfalls rotieren, und zwar in dieselbe Richtung wie die Filamentstränge, scheint kein Zufall zu sein.

Astronomen haben eine der größten bisher beschriebenen rotierenden Strukturen im All analysiert. Es handelt sich um eine hauchdünne Kette aus wasserstoffreichen Galaxien, eingebettet in einen gigantischen kosmischen Filamentfaden, rund 140 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt.
Die Studie, die unter Führung der Universität Oxford erarbeitet wurde, zeigt, wie Galaxien in der frühen Phase des Universums entstanden sein und ihren Drehimpuls erhalten haben könnten. Die Ergebnisse wurden in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht.
Gleiche Rotationsrichtung
Besonders interessant für die Forschung sind Filamente, in denen viele Galaxien in die gleiche Richtung rotieren und das gesamte Gebilde selbst eine Drehbewegung zeigt. Im aktuellen Fall entdeckten die Forschenden 14 nahegelegene, wasserstoffreiche Galaxien, die in einer extrem schmalen Linie angeordnet sind.
Die Struktur erstreckt sich über rund 5,5 Millionen Lichtjahre Länge, bei nur etwa 117.000 Lichtjahren Breite. Eingebettet ist sie wiederum in ein erheblich größeres Filament mit über 280 weiteren Galaxien und einer Gesamtausdehnung von etwa 50 Millionen Lichtjahren.

Erstaunlich ist, dass ein großer Teil der Galaxien offenbar in derselben Richtung rotiert wie das Filament selbst. Eine solche Häufung ist statistisch äußerst unwahrscheinlich, wenn man von zufälligen Drehrichtungen ausgeht. Dadurch gerät das gängige Bild ins Wanken, wonach kosmische Großstrukturen den Drehimpuls einzelner Galaxien nur begrenzt beeinflussen. Vielmehr deutet der Fund darauf hin, dass Filamente stärker und über längere Zeit auf die Rotationsbewegung ihrer Galaxien wirken könnten.
Drehimpuls durch großräumige Struktur
Besonders überzeugend ist, dass sich die Galaxien auf gegenüberliegenden Seiten des Filaments in entgegengesetzte Richtung bewegen. Das lässt sich am einfachsten durch eine Rotation der gesamten Struktur erklären. Anhand dynamischer Modelle rekonstruierten die Forschenden eine Rotationsgeschwindigkeit von rund 110 Kilometern pro Sekunde. Der dichte Kernbereich des Filaments dürfte einen Radius von etwa 50 Kiloparsec besitzen – das entspricht rund 163.000 Lichtjahren.
– Dr. Lyla Jung, Department of Physics der Universität Oxford, Co-Studienleiterin
Die doppelte Rotation liefere einen seltenen Einblick, wie Galaxien ihren Drehimpuls aus großräumigen Strukturen beziehen, erklärt Co-Studienleiterin Dr. Lyla Jung. Das Filament wirkt insgesamt jung und weitgehend ungestört. Die Dominanz gasreicher Galaxien sowie eine geringe interne Bewegung sprechen dafür, dass die Struktur sich noch in einer frühen Entwicklungsphase befindet. Da Wasserstoff das Grundmaterial der Sternentstehung ist, lässt sich anhand dieser Galaxien auf Vorgänge schließen, die im jungen Universum besonders häufig abliefen.
„Dieses Filament ist eine fossile Aufnahme kosmischer Strömungen. Es hilft uns dabei zu verstehen, wie Galaxien ihren Drehimpuls erwerben und im Laufe der Zeit wachsen“, unterstreicht Co-Autorin Dr. Madalina Tudorache von der Universität Cambridge und der Universität Oxford.
Erforschung der allergrößten Strukturen
Für die Untersuchung wurden Daten des südafrikanischen MeerKAT-Radioteleskops genutzt, eines der leistungsfähigsten seiner Art mit 64 vernetzten Antennen. Die Entdeckung basiert auf dem Deep-Sky-Durchmusterungsprojekt MIGHTEE, kombiniert mit optischen Beobachtungen des Dark Energy Spectroscopic Instrument (DESI) und der Sloan Digital Sky Survey (SDSS). So gelang erstmals der Nachweis eines Filaments, das sowohl eine gemeinsame Drehausrichtung vieler Galaxien als auch eine übergeordnete Rotation zeigt.
– Professor Matt Jarvis, Leiter von MIGHTEE
Die Studie entstand in Zusammenarbeit zahlreicher Forschungseinrichtungen, darunter die University of Cambridge, die University of the Western Cape, das South African Radio Astronomy Observatory sowie mehrere britische Universitäten.
Quellenhinweis:
Tudorache, M. N., Jung, S. L., Jarvis, M. J., Heywood, I., Ponomareva, A. A., Vărăşteanu, A. A., Maddox, N., Yasin, T., & Glowacki, M. (2025): A 15 Mpc rotating galaxy filament at redshift z = 0.032. Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, 544, 4, 4306–4316.