Der Juni 2023: Weltweit so warm wie noch nie!
Im Juni erreichten die Meeresoberflächentemperaturen bisher beispiellose Werte. Teils extreme marine Hitzewellen waren die Folge. Die Ursachen für die außergewöhnlichen Temperaturen sind allerdings vielschichtig.

Seit gewisser Zeit war das Phänomen El Niño in aller Munde. Es würde die globalen Temperaturen bald in noch unbekannte Bereiche bringen. Das ist soweit korrekt, allerdings, da wir uns noch in der anfänglichen Phase von El Niño befinden, ist dies erst Ende 2023 und Anfang 2024 wahrscheinlich. Doch schon jetzt wurden für den Juni weltweit ungewöhnlich hohe Temperaturen gemessen, die sich in bereits unbekannten Bereichen befinden.
Die Oberflächentemperatur der Erde wich im Juni laut Erdbeobachtungsdienst Copernicus um 0,5°C vom langjährigen Mittel von 1991 - 2020 ab. Das ist ein neuer Rekord, der den alten Rekord aus dem Jahr 2019 deutlich ablöst. Damals lag die Temperatur rund 0,36 °C über dem langjährigen Mittel von 1991 - 2020. Man beachte das dieses Mittel bereits deutlich wärmer ist als das frühere Mittel.
️ This week, the world broke the daily temperature record!
— World Meteorological Organization (@WMO) July 7, 2023
️ According to @CopernicusECMWF's #ERA5 dataset, the global average 2m temperature hit 17.03°C on 4th July! ️
Stay tuned for further updates from @WMO #StateofClimate
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Besonders im Nordwesten Europas wurden Rekordtemperaturen für den Juni erreicht. Aber auch Teile Kanadas, den USA, Mexiko, Asien, sowie dem östlichen Australien waren signifikant wärmer als üblich. Im Westen der USA und im Westen Russlands war es kühler als im langjährigen Mittel von 1991 - 2020.
Ozeane auf Rekordkurs
Schon im Mai waren die Oberflächentemperaturen der Meere höher als sonst üblich. Dieser Trend hat sich im Juni verstetigt, allerdings mit deutlich höheren Anomalien als noch zuvor. Im tropischen Pazifik machen sich die beginnenden Zeichen von El Niño bemerkbar. Im zentralen und östlichen äquatorialen Pazifik zeigen sich deutlich Temperaturen über dem langjährigen Mittel von 1991 - 2020. Auch in anderen Regionen der Weltmeere zeigen sich überdurchschnittliche Temperaturen, die sich in marinen Hitzewellen widerspiegeln (z.B. Indischer Ozean, Japanisches Meer).
The #C3S monthly Climate Bulletin is out now:
— Copernicus ECMWF (@CopernicusECMWF) July 6, 2023
June was the warmest June globally at just over 0.5°C above average;
the North Atlantic saw record-high sea surface temperatures;
#Antarctic sea ice reached its lowest extent for June on record at 17% below average. pic.twitter.com/Mtq12AhJgh
Außergewöhnlich ist allerdings die Temperaturabweichung im Nordatlantik. Dort lag die Oberflächentemperatur bei 0,9°C über dem langjährigen Mittel von 1991 - 2020. Das waren ungefähr 0,5°C mehr als der wärmste Juni zuvor! Besonders ausgeprägt ist die außergewöhnliche Abweichung im nordöstlichen Atlantik. Dort ist es eine Abweichung von 1,36°C°! Seit Ende Mai stiegen dort die Temperaturen an und erreichten am 21. Juni das Maximum, mit einer Abweichung von 1,6°C, lokal deutlich darüber. Die daraus resultierenden marinen Hitzewellen haben signifikante negative Effekte auf das marine Leben.
Ursachenforschung
Obwohl die Ursachen der extremen Anomalien noch Gegenstand der Forschung sein werden, können bereits Aussagen über mögliche Faktoren getroffen werden. Diese wären die atmosphärische Zirkulation, Aerosole und langjährige Trends durch die anthropogene Klimaerwärmung.
Das Azorenhoch über dem Atlantik war deutlich schwächer als sonst üblich. Zehn Jahre lang lag das Hoch meistens über den normalen Wert zu diesem Zeitpunkt im Jahr. In diesem Jahr war es allerdings so schwach wie nie zuvor im Datensatz des Erdbeobachtungsdienstes Copernicus (Beginn ca. 1940). Damit verbunden waren auch geringere Windgeschwindigkeiten im nordöstlichen Bereich des Nordatlantiks. Die Windgeschwindigkeiten waren teils 20 - 30 % geringer. Nun sorgt Wind für eine bessere Durchmischung mit dem Wasser unterhalb der Oberfläche. Fehlt der Wind, steigen auch die Oberflächentemperaturen an.
The north Atlantic Ocean recorded exceptionally warm sea surface temperatures, contributing to extreme marine heatwaves.
— Copernicus ECMWF (@CopernicusECMWF) July 7, 2023
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Die schwachen Winde hatten aber noch eine andere Auswirkung. Sie führten dazu, dass weniger Saharastaub über den Atlantik geweht wurde als sonst üblich. Saharastaub hat die Eigenschaft das Sonnenlicht zu reflektieren. Fehlt dieser kann mehr Sonnenstrahlung ungehindert auf die Oberfläche treffen und erwärmt die diese. Die Kombination aus fehlenden Winden, was zu einer geringeren Durchmischung des Oberflächenwasser führte, und fehlendem Saharastaub könnte also in Kombination zum raschen Anstieg der Meeresoberflächentemperatur geführt haben.
Agree with @MichaelEMann -- the dearth of Saharan dust over the tropical North Atlantic is helping drive the ongoing ocean heatwave. Dust concentration running low much of 2023, but at record lows (since 2003) for early June. Wrote about this last Monday: https://t.co/4sM2YTJV4m https://t.co/6cEMBrxdvp pic.twitter.com/O7d4lgolRN
— Michael Lowry (@MichaelRLowry) June 11, 2023
Auf einer längeren Zeitskala hat mit sehr großer Wahrscheinlichkeit der anthropogene Klimawandel seinen Teil dazu beigetragen. Ein Großteil der zusätzlichen Energie geht in die Weltmeere über. Diese erwärmen sich stetig. Zusätzlich könnten allerdings Gesetze zur Luftreinhaltung zu einem zusätzlichen Anstieg geführt haben. Durch eine Reduktion von Sulfatpartikeln aus Schiffsemissionen, wird auch hier das Rückstreuvermögen der Atmosphäre verringert. Weniger Aerosolpartikel in der Atmosphäre erhöhen die am Boden ankommende Strahlung. Aerosole haben auch einen Einfluss auf marine Wolken und machen diese tendenziell heller. Fehlen die Aerosole, gibt es weniger helle Wolken, also wiederum mehr ankommende Strahlung am Boden, die wiederum zu einer zusätzlichen Erwärmung der Meeresoberflächentemperatur führt.
Great detective work by @ScCloudMD, exposing the early fingerprints of the climate effects from reduced sulfur burning!
— Leon Simons (@LeonSimons8) May 22, 2023
Especially during the austral (= Southern Hemisphere) spring, there is clear change in the size of cloud droplets over shipping corridor west of S Africa: https://t.co/Fpgq67Czhz pic.twitter.com/E7e1ictDoN
Die langjährige Erwärmung verschiebt mittlere Temperatur hin zu wärmeren Bedingungen. Gerade durch kurzfristige Umstände können daraus, wie im vorliegenden Fall, äußerst extreme Anomalien entstehen, die uns noch nie aufgezeichnete Temperaturen bescheren.